Sex-Akrobatik als Lebenshilfe für Kinder und Jugendliche?

Gastbeitrag von Dr. Albert Wunsch

„Mama, wieso spritzt die Feuerwehr die Hose von dem Mann nass?“ Der Mutter schießen die verschiedensten Gedanken durch den Kopf. Dann setzt bei ihr reichlich Ärger ein. Wieso werden Kinder auf dem Weg zu KiTa oder Schule mit einem solchen Plakat konfrontiert? Was sollen Eltern antworten? „Das weiß ich auch nicht.“ – Erstmals gab’s keine Nachfrage. „Ja, dann tschüss Markus.“ Zuhause erfuhr die Mutter dann, als sie die ganze Plakatserie ‚Liebes-Leben’ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) per Internet kennen lernte, dass – bei anderen öffentlich zur Schau gestellten Plakate – auch die Frage lauten könnte: „Mama, was machen die Frau und der Mann denn da im Aufzug? – Wieso turnen da zwei Männer nackt auf einen Nachtschrank?“

Zum Hintergrund: An Haltestellen, vor Schulen bzw. Kindergärten und an sonstigen Blickfängen springen seit einigen Wochen Abbildungen der neuen Plakatserie der BZgA ins Auge, welche Kinder und Jugendliche (angeblich) offiziell vor AIDS schützen sollen. Wer etwas genauer hinschaut stellt schnell fest, dass es bei einigen Abbildungen gar nicht und bei den anderen nur vordergründig um AIDS geht. Ich finde, dass diese Aktion aus unterschiedlichen Gründen nicht hinnehmbar ist, denn es geht nicht um AIDS-Verhütung sondern um eine frivole Einführung in eine grün-rote Ideologie der ‘Sexualität der Vielfalt’, – “Sex als locker-lustiger Spaß”. Merkt das denn keiner außerhalb der grün-roten BZgA? Diese Einrichtung müsste entweder aufgelöst werden oder eine komplett anders ausgerichtete neue Leitung erhalten.

Werden unsere Kinder nicht schon viel zu intensiv mit sexistischen Bildern und Äußerungen konfrontiert? Sollen auf diese Weise wirklich unsere KiTA- und Schul-Kinder bzw. die Jugendlichen zu einem verantwortlichen Umgang mit Sexualität ermutigen möchte? Wie hätte wohl Vater Gröhe, der als Bundesgesundheitsminister die Serie am 4.5.2016 mit Anderen präsentierte, vor einigen Jahren auf entsprechende Fragen seiner kleinen Kinder reagiert? Und diese Aktion mit Liebe in Verbindung zu bringe, ist reiner Hohn.

Da ich Minister Gröhe schon vor Wochen – nach einigen Facebook-Aktionen – mitteilte, dass diese Plakat-Aktion nicht hinnehmbar sei, liegt mir zwischenzeitlich auch eine differenzierte Stellungnahme vor. Ein Auszug: Um wichtiger Ziele willen müsse man „durchaus kalkuliert Tabubrüche in Kauf zu nehmen, um überhaupt eine Gesprächsfähigkeit etwa im Hinblick auf die Nutzung von Kondomen zu erreichen. Solch kalkulierter Tabubruch müsse und muss stets vermeiden, Schamgrenzen in unserer Gesellschaft rücksichtslos zu missachten“. Doch genau das ist der Kritikpunkt. Hier werden sowohl Schamgrenzen missachtet als auch ein inakzeptabler Umgang mit dem Thema Sexualität propagiert. Und durch die öffentliche Plakatierung werden Kinder und Jugendliche auf eine Weise mit diesem Thema konfrontiert, welche weder dem Alter der Heranwachsenden, noch einem ethisch vertretbaren Umgang mit dem Thema entspricht. Im Grunde geht es um die Frage, ob oder bis zu welchem Punkt der – gute oder wichtige – Zweck die Mittel heiligt?

Auch wenn um der wichtigen AIDS-Prävention willen drastische oder ins Auge springende Aktionen geplant werden, sollte möglichst kein Kollateralschaden entstehen. So fragte ich mich schon vor Jahren, wieso die sicher wichtigen Info-Spots zur Nutzung von Kondomen zur AIDS-Prävention in solche Film-Situationen eingebettet wurden, wo – so nebenbei – durch den situativen Kontext deutlich wurde, dass sich das Paar erst ganz kurz kannte. Damit wurde gleichzeitig – gewollt oder ungewollt – für den One-Night-Stand geworben.

Ein Sexualakt im Aufzug mag vielleicht ein lustiger Hingucker für Erwachsene sein, aber keinesfalls für Kinder. Alle Menschen müssten sich jedoch fragen, was eine solch artistische Akrobatik denn mit Liebe und einem verantwortlichen Umgang mit einer Beziehung zu tun hat. Denn eine Plakatserie wird nicht dadurch dem sittlich-kulturellen Wert der Liebe gerecht, wenn man ihr das Etikett „LiebesLeben“ anheftet. Etikettenschwindel gibt es schon genug.

Sie schreiben mir, sehr geehrter Herr Minister, dass es bei dieser Plakataktion nicht nur um AIDS geht. Das wird nicht in angemessener Weise erkennbar. So steht auf etlichen Motiven: „Gib AIDS keine Chance“. Aber auf den Plakaten, bei welchen es um Geschlechtskrankheiten geht, müsste dann konsequenterweise der Hinweis stehen: „Gib Geschlechtskrankheiten kein Chance.“

Ich unterstreiche: Das Ziel, den dramatischen Anstieg an Neuinfektionen bei anderen sexuell übertragbaren Krankheiten zu stoppen, ist wichtig. Aber ein verändertes Sexualverhalten hat in erster Linie etwas mit Verantwortung, einer Abkehr vom Prinzip „Genuss, jetzt und sofort!“ mit der schon von Sigmund Freud als so wichtig angesehenen Bedürfnis-Aufschub-Fähigkeit und weniger mit lustig wirken sollenden Plakat-Information zu tun. Die BZgA setzt so auf – durch rot-grün-rot gepuschte – Ideologien einer so genannten sexuellen Vielfalt im Zuge einer Gendererisierung unserer Gesellschaft. Wollen wir das hinnehmen?

Copyright: Dr. Albert Wunsch, 41470 Neuss, Im Hawisch 17

Dr. Albert Wunsch ist Psychologe, Diplom Sozialpädagoge, Diplom Pädagoge, Kunst- und Werklehrer sowie promovierter Erziehungswissenschaftler. Bevor er 2004 eine Lehrtätigkeit an der Katholischen Hochschule NRW in Köln (Bereich Sozialwesen) begann, leitete er ca. 25 Jahre das Katholische Jugendamt in Neuss. Im Jahre 2013 begann er eine hauptamtliche Lehrtätigkeit an der Hochschule für Ökonomie und Management (FOM) in Essen / Neuss. Außerdem hat er seit vielen Jahren einen Lehrauftrag an der Philosophischen Fakultät der Uni Düsseldorf sowie der CVJM-Hochschule in Kassel und arbeitet in eigener Praxis als Paar-, Erziehungs-, Lebens- und Konflikt-Berater sowie als Supervisor und Konflikt-Coach (DGSv). Er ist Vater von 2 Söhnen und Großvater von 3 Enkeltöchtern.

Seine Bücher: Die Verwöhnungsfalle (auch in Korea und China erschienen), Abschied von der Spaßpädagogik, Boxenstopp für Paare und: Mit mehr Selbst zum stabilen ICH – Resilienz als Basis der Persönlichkeitsbildung, lösten ein starkes Medienecho aus machten ihn im deutschen Sprachbereich sehr bekannt. Weitere Infos: www.albert-wunsch.de

Wer protestieren möchte, sollte das hier tun – 25.000 Protest-Mails hat Hermann Gröhe bereits bekommen: http://www.citizengo.org/de/pc/35049-sex-plakate-der-bzga-stoppen