Das Gift der Gendertheorie

Eltern und Elternverbände haben viele Gründe, sich gegen die Neufassung der Richtlinien zur Familien- und Sexualerziehung an bayerischen Schulen zu wehren. Die neuen Richtlinien infizieren die Orientierung des Sexualkundeunterrichts an Ehe und Familie mit dem Gift der Gendertheorie. Vier Beispiele illustrieren dies. Ein Gastkommentar von Prof. Dr. Manfred Spieker 

Eltern und Elternverbände haben viele Gründe, dem bayerischen Kultusministerium dankbar zu sein für die noch geltenden Richtlinien zur Familien- und Sexualerziehung in bayerischen Schulen. Diese Richtlinien schreiben allen Schulen einen Sexualkundeunterricht vor, der wirklich an Ehe und Familie orientiert ist, der die biologische Aufklärung mit einer Erziehung zu verantwortlicher Partnerschaft verbindet und von der Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Schule ausgeht. Diese Richtlinien schreiben einen Sexualkundeunterricht vor, der der „fundamentalen Verpflichtung“ des Staates, das ungeborene menschliche Leben zu schützen, gerecht wird, indem er entscheidende Leitsätze des durchaus zwiespältigen Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Reform des § 218 von 1993 zitiert, und sie schreiben auch bereits umfassende Maßnahmen zur Prävention gegen sexuellen Missbrauch von Kindern vor. Diesen im Vergleich mit anderen Bundesländern wertvollen Schatz, der auf Normen des Grundgesetzes, der bayerischen Verfassung und des Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen in Bayern gründet, dürfen sich die Eltern in Bayern nicht nehmen lassen.

Die neuen Richtlinien, die noch vor Beginn des nächsten Schuljahres in Kraft gesetzt werden sollen, enthalten zwar noch Spuren dieses Schatzes, aber sie infizieren die Orientierung des Sexualkundeunterrichts an Ehe und Familie mit dem Gift der Gendertheorie. Vier Beispiele illustrieren dies.

  1. Die „besondere Bedeutung von Ehe und Familie für den Fortbestand der staatlichen Gemeinschaft“, die die Familien- und Sexualerziehung auch nach den neuen Richtlinien den Schülern vermitteln soll, wird gendergerecht relativiert mit „festen Lebenspartnerschaften“, die nun dieselbe Bedeutung haben sollen. Dabei ist klar, dass die hier eingeschlossenen homosexuellen Partnerschaften allein aus biologischen Gründen keine Bedeutung für die Regeneration der Gesellschaft und den Fortbestand des Staates haben können.
  1. Die Schutzwürdigkeit ungeborenen Lebens, die die Familien- und Sexualerziehung auch nach den neuen Richtlinien unterstreichen soll, wird gendergerecht relativiert durch das sexuelle und reproduktive Selbstbestimmungsrecht, das den Schülern und Schülerinnen nun vermittelt werden soll. Sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung aber sind Code-Wörter der Abtreibungslobby, die mit diesen Begriffen den Anspruch erhebt, es gäbe ein Recht auf Abtreibung. Weltweit agierende Organisationen wie der Weltbevölkerungsfond und die International Planned Parenthood Federation propagieren zusammen mit verschiedenen Unterorganisationen der Vereinten Nationen, wie der Weltgesundheitsorganisation, dem Ausschuss zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau und dem Menschenrechtsausschuss, das Recht auf sexuelle und reproduktive Gesundheit, das ein Recht auf „sichere Abtreibungen“ beinhalten soll. Die Leitsätze des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz des ungeborenen Lebens werden in den neuen Richtlinien nicht mehr erwähnt.
  1. Die Bejahung der eigenen Geschlechtlichkeit und ihre Entfaltung zur Partnerschaft in Ehe und Familie wird gendergerecht relativiert durch Unterrichtsziele wie „Auseinandersetzung mit der eigenen Geschlechtszugehörigkeit“, mit „fragwürdigen Rollenbildern“ und „klischeehaften Rollenzuweisungen“. Sie wird relativiert mit der Forderung nicht nur der Toleranz, sondern der Akzeptanz aller sexuellen Orientierungen. Die Lehrer sollen die Vielfalt der Lebensformen und Hetero-, Homo-, Bi-, Trans-und Intersexualität „vorurteilsfrei“ behandeln. Ein katholischer Religionslehrer wird sich schnell den Vorwurf der Homophobie, also eines krankhaften, therapiebedürftigen Menschenhasses, einhandeln, wenn er sich bei der Darstellung der Homosexualität am Katechismus orientiert. Der Katechismus, aber auch die Rechtsprechung deutscher Verwaltungsgerichte, trifft die Unterscheidung zwischen dem Diskriminierungsverbot gegenüber Menschen mit homosexueller Orientierung und der Bewertung der Homosexualität als „objektiv ungeordnet“. Die Richtlinien wie auch die Sexualpädagogik der Vielfalt treffen diese wichtige Unterscheidung nicht.
  1. Schließlich relativieren die Richtlinien die Orientierung der Sexualerziehung an Ehe und Familie gendergerecht durch das Unterrichtsziel, die Schüler sollten die Sexualität als „Quelle von Vitalität und Kraft im Lebensverlauf“ erkennen. Diese Formulierung erinnert an Uwe Sielert, den akademischen Wortführer der „Sexualpädagogik der Vielfalt“, der schon 2002 erklärt hatte, die Sexualpädagogik habe „Heterosexualität, Generativität und Kernfamilie zu ‚entnaturalisieren‘…und „Lust, Zärtlichkeit und Erotik als Energiequelle für Lebensmut und Wohlbefinden…unabhängig von Ehe und Liebe in allen Altersphasen“ zu vermitteln. Die sexuelle Orientierung, die vom individuellen Gefühl und Willen abhängen soll, tritt an die Stelle der vom Schöpfer und von der Natur vorgegebenen Geschlechtlichkeit. Diese Sexualpädagogik ist im Kern leibfeindlich. Uwe Sielert und seine Schüler Elisabeth Tuider und Stefan Timmermanns, die Autoren des mit Recht viel kritisierten Lehrbuchs „Sexualpädagogik der Vielfalt“, waren Referenten einer Tagung der Universität Erlangen zur sexualpädagogischen Fortbildung bayerischer Lehrer und Lehrerinnen zum Thema „Identität und Geschlecht. Bildungschancen durch Diversity-Kompetenz“ am 26. Februar 2016. Spätestens diese Tagung sollte die Augen geöffnet haben, wohin die Reise geht, wenn die Neufassung der Richtlinien in Kraft tritt.

Eltern und Elternverbände haben viele Gründe, sich gegen die Neufassung der Richtlinien zur Familien- und Sexualerziehung an bayerischen Schulen zu wehren. Diese Neufassung widerspricht den in Art. 131 der Bayerischen Verfassung und in Art. 48 des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes genannten Bildungszielen. Die Eltern fordern das Kultusministerium und die bayerische Staatsregierung auf, die dort genannten Normen weiterhin zu beachten und die Schülerinnen und Schüler in Bayern vor dem Gift der Gendertheorie zu schützen.