Rennen um den CDU-Vorsitz: Die familienpolitischen Positionen

Es wird spannend: Am kommenden Wochenende, dem 07. und 08. Dezember, wird beim Bundesparteitag in Hamburg der neue CDU-Vorsitzende gewählt. Im Vordergrund der bisherigen Debatten zwischen den Kandidaten stehen dabei zwar weniger die familienpolitischen Themen, mit denen sich die DemoFürAlle beschäftigt. Dennoch haben wir einige jüngere Aussagen der Kandidaten, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, zusammengetragen.

Eines der Themen, die auch unter den Kandidaten für Kontroversen gesorgt hatten, ist die „Ehe für Alle“. Bereits im Juni 2015 sorgte die damalige saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) für Aufsehen, als sie im Interview mit der Saarbrücker Zeitung vor den möglichen Folgen der „Ehe für Alle“ warnte: „Wir haben in der Bundesrepublik bisher eine klare Definition der Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau. Wenn wir diese Definition öffnen in eine auf Dauer angelegte Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, sind andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen. Wollen wir das wirklich?“

Auch ein Jahr nach Einführung der „Ehe für Alle“ wird AKK auf ihre damalige Aussage angesprochen. Im Interview mit der Funke Mediengruppe im November 2018 wurde sie gefragt, ob sie die besagten Folgen weiterhin fürchte: „Nicht fürchten, aber auch nicht leichtfertig sein. Es gab schon vereinzelt Diskussionen. Für mich ist die Ehe traditionell die Verbindung von Mann und Frau. (…) Ich habe vom Grundsatz her nach wie vor meine Bedenken. Aber Fakt ist: Die Ehe für alle ist demokratisch vom Bundestag beschlossen worden. Insofern ist sie eine Realität, mir der man umgehen muss.“ Im Interview mit radioeins fügte sie wenige Tage später hinzu: „Persönlich verletzen will ich dabei niemanden, aber es ist eben eine Diskussion, die viele persönlich berührt.“

Dass sie niemanden habe verletzen wollen, gilt wohl vor allem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Dieser sagte nur einen Tag zuvor, wenn seine „Ehe“ mit dem Journalisten Daniel Funke „in einem Atemzug mit Inzest oder Polygamie genannt wird, trifft mich das persönlich“. Spahn betonte: „Ich habe aus voller Überzeugung für die Öffnung der Ehe gestimmt.“ Kurz vor der Abstimmung im Bundestag über die „Ehe für Alle“ im Juni 2017 sagte er im Interview mit n-tv: „Ich fordere einfach nur Respekt ein. Es ist nicht das Ende von Familien in Deutschland, wenn zwei Männer heiraten, im Gegenteil, es werden noch genauso viele Kinder geboren werden, aber es ist gleichzeitig auch nicht Schwulenhass, wenn jemand sagt, aus religiösen Gründen ist Ehe für mich etwas Besonderes. Ich sehe das anders, aber respektiere diese Meinung. (…) In der Sache, wie gesagt, bin ich für die Öffnung der Ehe, aber mit dem Verfahren habe ich auch große Probleme.“

Ähnlich äußerte sich Friedrich Merz. Seit Bekanntgabe seiner Kandidatur hat der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Union noch keine nennenswerten familienpolitischen Stellungnahmen abgegeben. Mit einer Ausnahme. Im Interview mit BILD im November 2018 sagte er, es sei richtig gewesen, die „Ehe für Alle“ einzuführen: „Aber da hätte ich mir eine vertiefte Diskussion gewünscht und zwar mit einer Änderung des Grundgesetzes, so wie der Bundesjustizminister (damals Heiko Maas) es für notwendig gehalten hatte.“

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“Family-Mainstreaming” anstatt “Gender-Mainstreaming”?

Die Gender-Ideologie oder die Sexualisierung von Kindern in Schulen sind keine Themen im parteiinternen Wahlkampf. Hierauf äußerten sich in den letzten Monaten die Politiker Spahn und AKK nur auf Nachfrage. So sagte Spahn im Interview mit der FAZ im April 2017 markig, aber letztlich sehr vage: „Die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften hat in manchen Kreisen inzwischen mehr Akzeptanz als die vollzeiterziehende Mutter. Beides hat Respekt verdient. Mehr Family-Mainstreaming statt immer nur Gender-Mainstreaming wäre mal was.“ Im Juni 2018 allerdings reagierte das von ihm geleitete Bundesministerium für Gesundheit nur sehr schwach und nicht überzeugend auf die Kampagne der DemoFürAlle gegen die schamverletzenden „Aufklärungsplakate“ der BZgA.

AKK äußerte sich lediglich im März 2018 bei einer Pressekonferenz zum medial diskutierten Vorschlag, die deutsche Nationalhymne „gender-neutral“ neu zu formulieren: „Ich will es ganz deutlich sagen: Ich halte von diesem Vorschlag überhaupt nichts. Ich habe bisher, und ich gelte ja durchaus als eine emanzipierte Frau, noch nie den Eindruck gehabt, dass ich mit dieser Hymne nicht gemeint wäre oder nicht angesprochen werde. Die Nationalhymne sollte man so lassen, wie sie ist.“

Leihmutterschaft – bald ein Thema?

Von größerer Bedeutung könnte jedoch das Thema Leihmutterschaft werden. Auch wenn diese nach wie vor in Deutschland verboten ist und es in der Politik noch zu keiner großen Debatte kam, so könnte sich dies spätestens in der nächsten Legislaturperiode ändern. Die Positionen der potentiellen CDU-Vorsitzenden sind also durchaus interessant. Jens Spahn sagte noch im März 2015 gegenüber der GQ: „Als schwuler Mann und Christ kann ich mich persönlich nur sehr schwer mit der Idee eines gemieteten Mutterbauchs anfreunden. Zu akzeptieren, dass ich nicht auf natürlichem Weg Vater werde, verlangt ein großes Maß an Demut. Ob ich das aufbringen kann, weiß ich nicht. Aber eines erwarte ich schon: dass man meine Zurückhaltung in dieser zutiefst ethischen Frage respektiert, ohne mich als rückständig zu beschimpfen.“

Als ersten kleinen Schritt hin zur Legalisierung der Leihmutterschaft wertete man jedoch Spahns Gesetzesentwurf im Juli 2018. Demzufolge sollen die Krankenkassen die Kosten für die Konservierung von Ei- und Samenzellen junger Krebskranker mit Kinderwunsch übernehmen, um später eine künstliche Befruchtung zu ermöglichen.

Auf die Frage der Rhein-Neckar-Zeitung nach der Leihmutterschaft antwortete AKK im Juli 2018: „Es gibt auch politische Kräfte, die sagen: ‘Wir wollen das zulassen.’ Die gesellschaftliche Diskussion wird dort fortgeführt. Und da muss die CDU ihre Position einnehmen. Das müssen wir von Anfang an in den eigenen Reihen sehr ernsthaft diskutieren. Es darf uns nicht wieder wie bei der ‘Ehe für alle’ passieren, dass wir uns über Jahre hinweg jedes kleine Stück vom Bundesverfassungsgericht abverhandeln lassen, weil wir die Kraft nicht hatten, diese politische Diskussion offen zu führen.“

Neben den drei Favoriten AKK, Merz und Spahn stellen sich noch unter anderem der Berliner Jurastudent Jan-Philipp Knoop sowie der Marburger Unternehmer Dr. Andreas Ritzenhoff zur Wahl. Diese haben sich allerdings bisher noch nicht zu familienpolitischen Themen geäußert. Ebenso wenig der Bonner Völkerrechtler Prof. Dr. DDr. h.c. Herdegen, der Anfang November seine Kandidatur wieder zurückgezogen hatte.

Neues CDU-Grundsatzprogramm für 2019 geplant

Fazit? Den bisherigen Aussagen der Kandidaten zufolge dürfte sich bei keinem der drei Spitzenkandidaten der jüngste familienpolitische Kurs der CDU ändern, der vor allem durch eine stetige Annäherung an sozialdemokratische und linke Positionen geprägt ist. Selbst wenn die persönliche Überzeugung in eine Richtung tendiert, kann man daraus noch keine entsprechenden Taten schlussfolgern. So sprach sich zum Beispiel AKK zwar gegen die „Ehe für Alle“ aus, nimmt den verfassungswidrigen Beschluss des Bundestages jedoch ohne Gegenwehr hin.

Für die familienpolitische Ausrichtung der CDU wird der Vorsitzende nicht alleine entscheidend sein: 2019 wird die Arbeit an einem neuen Grundsatzprogramm der Partei fortgesetzt. Man darf gespannt bleiben, ob sich auch dann noch eindeutige Bekenntnisse zu Ehe und Familie darin finden werden. Gerne erinnern wir bereits jetzt die potentiellen Vorsitzenden an einige grundlegende Aussagen aus dem bisherigen Grundsatzprogramm von Ende 2007: „Die Ehe ist unser Leitbild der Gemeinschaft von Mann und Frau. Sie ist die beste und verlässlichste Grundlage für das Gelingen von Familie. In der Ehe kommt die gemeinsame Verantwortung von Vätern und Müttern für ihre Kinder verbindlich zum Ausdruck. Auch in Ehen, die ohne Kinder bleiben, übernehmen Männer und Frauen dauerhaft füreinander Verantwortung. Deshalb steht die Ehe unter dem besonderen Schutz unseres Grundgesetzes. (…) Eine Gleichstellung mit der Ehe zwischen Mann und Frau als Kern der Familie lehnen wir jedoch ebenso ab wie ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare.“ Jetzt sind die Verteidiger von Ehe und Familie in der CDU gefragt, damit diese Grundsätze erhalten bleiben.