Gute-Kita-Gesetz: Verfassungswidrig und familienfeindlich

Es ist das große Projekt von Dr. Franziska Giffey. Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung. Oder einfach das Gute-Kita-Gesetz. Aber ist dieser selbstbewusste Name wirklich berechtigt? Ist das Gute-Kita-Gesetz wirklich gut? Oder doch nur eine weitere Falle für Familien? Oder sogar verfassungswidrig?

Am 01. Januar 2019 wird das Gesetz der Bundesfamilienministerin in Kraft treten. Am 14. Dezember stimmten Bundestag und Bundesrat dem Gesetz zu, das allerdings höchst umstritten ist und in den vergangenen Monaten hitzig diskutiert wurde. Nicht umsonst empfahlen bei der öffentlichen Anhörung am 05. November acht von neun geladene Sachverständige, den Gesetzesentwurf in der aktuellen Fassung nicht anzunehmen.

Mit dem Gute-Kita-Gesetz möchte das Bundesfamilienministerium die Qualität der Kindertagesbetreuung verbessern und zwischen den Bundesländern ausgleichen sowie die Kosten für die Eltern senken. 5,5 Milliarden Euro bis 2022 sind dafür vom Bund vorgesehen, das von den Bundesländern frei verwendet werden darf. Die Bundesfamilienministerin sagte am Tag der Abstimmung:

Das Gute-KiTa-Gesetz ist ein gutes Gesetz. Denn der Bund bekennt sich mit dem Gesetz zu seiner Verantwortung für eine gute Qualität in der Kindertagesbetreuung. Gute Bildungschancen für alle Kinder und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für die Eltern sind eine gesamtstaatliche Aufgabe. Wir lassen Länder und Kommunen damit nicht alleine. Mit dem Gute-KiTa-Gesetz sorgen wir dafür, dass jedes Kind von Anfang an gefördert wird. Damit es jedes Kind packt.

Acht von neun Sachverständige empfehlen, mit “Nein” zu stimmen

Doch stimmt das wirklich? Die Liste der bisher geübten Kritik ist lang und erstreckt sich über mangelnde Vorgaben für die Verwendung des Geldes, ungenügende Konkretisierung der Qualitätsstandards und immensen bürokratischen Aufwand bis hin zu gesetzlichen Entscheidungen, zu denen der Bund laut juristischen Einschätzungen gar nicht befugt ist. Aber damit nicht genug. Bei der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 05. November wies der Sachverständige Dr. Johannes Resch vom Verband Familienarbeit e.V. treffend darauf hin, dass das Gute-Kita-Gesetz den Eltern zu viele Vorgaben mache und keine Wahlfreiheit böte:

Wir lehnen es ab, wenn die Bundesregierung sich das Recht herausnimmt, durch staatliche Vorgaben die einen Eltern anders zu behandeln als die anderen. Der Staat hat nicht das Recht, Eltern irgendwelche Vorgaben zu machen. Vielmehr haben über die Kinderbetreuung nach dem Grundgesetz zunächst die Eltern zu entscheiden. Wenn man von Kinderbetreuung spricht, so sollte man nicht nur die Kitas im Blick haben. Das ist von vornherein eigentlich irreführend. Man muss die Betreuung der Kinder im Blick zu haben, wozu auch die elterliche Betreuung gehört.

Bereits im Juli 2018 mahnte der Deutsche Familienverband die Notwendigkeit echter Wahlfreiheit für die Eltern an: Der Staat habe die Aufgabe, „die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern. Zu diesen Voraussetzungen gehört auch eine finanzielle Flankierung der Elternzeit, damit sich Eltern die Wahlfreiheit überhaupt leisten können.“

Desweiteren nahm auch Prof. Dr. Gregor Kirchhof von der Universität Augsburg bei der Anhörung im Bundestag die Vorgaben des Bundes für die Kindertagesbetreuung in die Kritik. Wegen einer begrenzten Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Bereich der öffentlichen Fürsorge sei dieser Gesetzesentwurf nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren: „Deshalb sollte die heikle Bundeskompetenz mit absoluten Mindeststandards geregelt werden – Ausrufungszeichen! Wenn das dann verbindliches Recht ist, gibt es auch für die Länder keine Wahlmöglichkeiten mehr.“ Außerdem wies Kirchhof nochmals darauf hin, wer an erster Stelle über die Erziehung und Bildung der Kinder entscheiden dürfe:

Das Bundesverfassungsgericht hat hier auch sehr klar judiziert. Es hat nämlich gesagt, dass die Eltern strukturell am besten wissen, was dem Wohl ihrer Kinder dient. Das Wohl des Kindes ist ein offener Begriff, viele sprechen von einem „Suchbegriff“. Die Frage ist, wer füllt diesen aus? Da sagt Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz ganz klar, zunächst die Eltern. Denn was für das eine Kind gut ist, kann für das andere Kind schlecht sein, das ist immer anders.

Gute-Kita-Gesetz zwingt Doppelverdiener-Modell auf

Apropos Qualitätsstandards: Unter den konkreten Maßnahmen nennt das Bundesfamilienministerium im Gesetz auch den „Abbau geschlechterspezifischer Stereotype“. Mit kindgerechter Bildung und Erziehung hat das allemal nichts zu tun. Darüber hinaus stellte Prof. Kirchhof in der Anhörung fest, dass auch für eine solche Regelung dem Bund die Gesetzgebungskompetenz fehle. Matthias Dantlgraber vom Familienbund der Katholiken lehnte diese Maßnahme nicht prinzipiell ab, ergänzte aber: „Dass dies verbindlich vorgegeben wird, halten wir vor dem Hintergrund der Vielfalt der Meinungen und unterschiedlicher Regelungen in den Regionen nicht für angemessen.“

Anstatt also Familien durch finanzielle Entlastung echte Freiheit und Selbstverantwortung zu geben, zwingt die Ministerin mit dem Gute-Kita-Gesetz ihnen das Doppelverdiener-Modell auf. Zugleich gibt sie den Kitas weitreichende Standards vor, wozu sie nicht berechtigt ist und die zum Teil auch mehr als fragwürdig sind. Der Name des Gute-Kita-Gesetzes trügt also. Es bleibt nur zu hoffen, dass die nächste Bundesregierung diese Fehlentscheidungen wieder korrigiert und Dr. Giffey bis dahin nicht noch mehr Vorhaben dieser Art aus der Mottenkiste zieht, wie etwa die von ihr früher geforderte, mittlerweile aufgegebene Kita-Pflicht.