Fünf Argumente gegen die Aufnahme von „Kinderrechten“ ins Grundgesetz

Sollen „Kinderrechte“ ins Grundgesetz? Wenn es nach den meisten wissenschaftlichen Gutachtern geht: Nein. Aber warum? Wir haben die fünf wichtigsten Argumente zusammengefasst.

Wirft man einen Blick in die Medien, möchte man meinen, alle seien sich einig: „Kinderrechte“ gehören ins Grundgesetz. Einwände scheint es nicht zu geben. Und wozu auch? Der Begriff „Kinderrechte“ klingt zu positiv, als dass hier kritische Töne überhaupt angebracht wären. In Wahrheit ist das Thema komplexer als man annehmen mag. 2013 und 2016 brachten SPD, Grüne und Linke Gesetzesentwürfe ein, um den alten linken Traum von „Kinderrechten“ im Grundgesetz wahr werden zu lassen. Doch die wissenschaftlichen Stellungnahmen, die für die Anhörungen des Rechtsausschusses (2013) und Familienausschusses (2016) in Auftrag gegeben wurden, machten ihnen einen Strich durch die Rechnung. Die Mehrheit der Gutachter in beiden Anhörungen, darunter alle Rechtswissenschaftler, sprach sich gegen eine Verankerung der „Kinderrechte“ im Grundgesetz aus.

Trotz deren fundierten Argumenten knickten CDU und CSU bei den Koalitionsverhandlungen 2017 ein und vereinbarten, bis spätestens Ende 2019 einen erneuten Gesetzesentwurf vorzulegen. Daher wollen wir die Abgeordneten in einem kurzen Überblick an die fünf wichtigsten Argumente der juristischen Gutachter gegen eine Aufnahme von „Kinderrechten“ ins Grundgesetz erinnern.

Keine Schutzlücke im Grundgesetz

Die Juristen haben eindeutig festgestellt, dass „Kinderrechte“ im Grundgesetz nicht nötig sind. Kinder sind bereits Träger aller Grundrechte. Das Grundgesetz weist somit keine Schutzlücke auf. Der Gesetzgeber betrachtet Kinder auch nicht als Objekt. Im Gegenteil, bereits heute muss dem Kindeswohl in allen Gesetzgebungsverfahren Vorrang gewährt werden.

„Kinderrechte“ hebeln das Elternrecht aus

Auch wenn immer wieder behauptet wird, Eltern bekämen mit den „Kinderrechten“ ein weiteres Hilfsmittel in die Hand, um die Interessen ihrer Kinder gegenüber dem Staat durchzusetzen, würde die Realität gegenteilig aussehen. Das Verhältnis zwischen Eltern, Kindern und Staat im Grundgesetz (Artikel 6) ist ausgewogen und klug formuliert. Die Einführung von gesonderten „Kinderrechten“ würde unweigerlich dazu führen, dieses Verhältnis zu stören und die Möglichkeiten für staatliche Eingriffe, Vorschriften und Inobhutnahmen zu erweitern. Der Staat, vertreten durch staatliche Behörden, könnte als primärer Anwalt behaupteter Kindesinteressen auftreten. Das von Natur aus den Eltern zustehende Recht auf Erziehung der Kinder bliebe nurmehr als leere Worthülse im Grundgesetz stehen, wäre de facto aber ausgehebelt! Deswegen muß die Aufnahme von „Kinderrechten“ ins Grundgesetz vollständig verhindert werden, unabhängig vom Formulierungsvorschlag. Eine diesbezügliche Grundgesetzänderung ist abzulehnen.

Eine Grundgesetzänderung wäre symbolischer Natur

Die Befürworter von „Kinderrechten“ im Grundgesetz argumentieren, durch die gesetzliche Änderung könne man Kindern besser vor Armut, Missbrauch oder mangelnder Bildung schützen. Tatsächlich wäre die Grundgesetzänderung vor allem symbolischer Natur und würde nichts Konkretes zur Verbesserung der Lebenssituation von Kindern beitragen. Diese Verbesserung muss in anderen gesetzlichen Bereichen geschehen, beispielsweise im Straf- oder Sozialgesetzbuch.

„Kinderrechte“ verändern Struktur des Grundgesetzes

Der Grundrechtsschutz im Grundgesetz ist einheitlich und umfassend aufgebaut und beruht auf Abwehrrechten gegenüber dem Staat. „Kinderrechte“ brechen nicht nur diese einheitliche Struktur auf, sondern sind auch Anspruchsrechte, die dem Wesen des Grundgesetzes fremd sind. In der Folge eröffnet sich jeder Personengruppe die Möglichkeit, eigene Rechte im Grundgesetz zu fordern, selbst wenn sie gar nicht wirklich schutzbedürftig wären.

Keine Verpflichtung durch UN-Kinderrechtskonvention

Die UN-Kinderrechtskonvention ist in der Argumentation der Befürworter der wichtigste Bezugspunkt. Die Konvention verlangt allerdings keine Aufnahme von „Kinderrechten“ in die jeweilige nationale Verfassung. Mit der Ratifizierung durch den Deutschen Bundestag 1992 gilt die Konvention bereits als Bundesgesetz, was für ihre Umsetzung ausreicht. Die Empfehlung des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes an Deutschland, die „Kinderrechte“ ins Grundgesetz aufzunehmen, erfolgte erst, nachdem die Bundesregierung selbst diesen Vorschlag eingebracht hatte und besitzt darüber hinaus keine normative Kraft für die deutsche Gesetzgebung.

Die Bundestagsabgeordneten sollten sich diese Argumente nochmals vor Augen führen, bevor sie über eine unnötige und gefährliche Änderung des Grundgesetzes abstimmen. Vor allem die Politiker der bürgerlichen Parteien können hier unter Beweis stellen, die Familie und das Elternrecht ernsthaft verteidigen zu wollen.

Die Gutachten der Rechtwissenschaftler einzeln zusammengefasst: