Mehr als 500 Teilnehmer erlebten am Samstag in Kelsterbach nahe Frankfurt ein hochinformatives Symposium zum Thema »Öffnung der Ehe – Folgen für alle« mit starken Argumenten, vielen Fakten und teilweise erschreckenden Einblicken in politische und rechtliche Vorgänge sowie aufrüttelnde Ausblicke auf mögliche künftige gesellschaftliche Entwicklungen. Die Versuche der medial aufgehetzten „Aktivisten“, die Veranstaltung zu stören oder gar zu unterbinden, liefen dank der hohen Polizeipräsenz ins Leere. Ein ausführlicher Bericht von Martin D. Wind.
Kelsterbach bei Frankfurt, am regnerisch-kühlen Samstagvormittag in der Nähe eines Tagungslokals. Rund zwei Hundertschaften Polizei samt berittenen Beamten steht einer knapp drei Dutzend Personen umfassenden grölenden und pöbelnden Horde gegenüber. Weder aus den Parolen der Schreienden noch aus den Slogans ihrer Transparente kann man erkennen, weshalb sie sich hier auf der matschigen Wiese im Nieselregen die Seele aus dem Hals blöken, obszöne Gesten zeigen und sich mit kindlich anmutender Einfalt an ihrem Auftreten erfreuen. Ein großes Banner verkündet „Aufstehen gegen Rassismus“, auf einem weiteren steht in krakeliger Schrift etwas von „Toleranz“ oder auch „Fuck § 218 – pro -choice“.
Es sind „Aktivisten“ eines von der Frankfurter Aids-Hilfe eilends gebildeten „Bündnisses“ aus Gewerkschaften, Lobbyisten der LGBTIQ-Szene, der als gewaltbereit bekannten sogenannten Antifa, die Seit an Seit mit Linken, Grünen, SPD und einigen CDU-Amtsträgern marschieren. Selbst Kirchenvertreter haben sich einspannen lassen. Sie protestieren gegen ein wissenschaftliches Symposium zum Thema „Öffnung der Ehe – Folgen für alle“, das vom Aktionsbündnis „DEMO FÜR ALLE“ sowie von „CitizenGO“ organisiert wurde. Laut Vorankündigung der Organisatorin Hedwig von Beverfoerde soll erörtert werden, ob „das umstrittene Ehe-Öffnungsgesetz verfassungsrechtlich haltbar ist und welche gravierenden ethisch-rechtlichen Folgen die Umdefinierung der Ehe für Kinder und die Gesellschaft hat“. Allein diese Ankündigung scheint in manchen Kreisen zu größter Aufregung geführt zu haben, wenn man sich die beinahe hysterisch anmutenden Reaktionen bestimmter gesellschaftlicher und gesellschaftsfeindlicher Kreise sowie einiger Medien anschaut.
Offenbar haben die Gegner dieser Tagung Angst vor den Ergebnissen der wissenschaftlichen Aufarbeitung des handstreichartigen Coups zur Einführung der „Ehe für alle“ im deutschen Parlament. Auf den letzten Metern eines verkorksten Wahlkampfes versuchten SPD, Grüne und Linke sowie bestimmte Kreise der CDU noch die letzten Randgruppenwähler zu aktivieren. Ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Rücksicht auf die geltende Rechtslage, die Auswirkungen auf das Familienrecht, ohne jegliche Berücksichtigung des Kindeswohls und ohne jegliche gesellschaftliche Debatte, wurde das Gesetz am letzten Sitzungstag der Legislaturperiode durch das Parlament gepeitscht.
Der Öffentlichkeit wurde vermittelt, es handle sich um einen Akt, der die Diskriminierung Homosexueller bezüglich ihrer Personenstandrechte beenden solle. Tatsächlich jedoch waren homosexuelle Partnerschaften durch die sogenannte Verpartnerung rechtlich inhaltlich der heterosexuellen Ehe längst gleichgestellt. Einzige Ausnahme dieser Gleichberechtigung: Homosexuelle hatten bisher nicht die Möglichkeit der Adoption eines Kindes. Tatsächlich handelte es sich demnach beim Beschluss des Bundestages nicht um eine „Öffnung der Ehe für alle“, sondern ausschließlich um die Freigabe der Kindesadoption durch Homosexuelle. Aber auch der „besondere Schutz von Ehe und Familie, die bisher grundgesetzlich in Artikel 6 GG gesichert war, ist durch diese Entscheidung des Parlamentes in Frage gestellt. Und hier könnte bei einer Normenkontrollklage das Bundesverfassungsgericht alleine durch die objektive Rechtslage daran gebunden sein, dem bisher bestehenden Recht Geltung zu verschaffen.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass „interessierte Kreise“ mit allen Mitteln verhindern wollen, dass politisch denkende Mensch sich zu diesem Themenkomplex fachgerecht informieren lassen. Mit kampagnenartiger anmutender Vorberichterstattung versuchte die Redaktion der Frankfurter Rundschau „Widerstand“ gegen ein Hinterfragen und Durchleuchten der rechtlichen Situation und der gesellschaftlichen Folgen dieses Bundestagsbeschlusses herbeizuschreiben. Am Vortag der Veranstaltung wurden gleich mehrere Artikel online gestellt, in denen alle Triggerbegriffe genutzt wurden, um linke Klientel hinter dem Ofen hervorzulocken: „(…) Die umstrittene Organisation, die von evangelikalen sowie christlich-konservativen bis rechtsradikalen Gruppen unterstützt wird (…)“.
Gleich zu Beginn wurde klar, warum diese Panik durchaus berechtigt ist. In einem Vortrag zum Verhältnis zwischen den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) kam es knüppeldick: Prof. Dr. Jörg Benedict, Rechtswissenschaftler an der Universität Rostock, erläuterte die Konfliktlinien, die sich durch den Beschluss des Bundestages ergeben. Deutlich wurde, dass für die Verfasser des GG „Ehe“ als Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau galt, wie schon die Entwürfe zum GG zeigen. Allerdings waren die Redaktoren der Meinung, eine Selbstverständlichkeit müsse nicht ausdrücklich erwähnt werden, weshalb die Eingrenzung des Ehebegriffs auf die Verbindung zwischen „einer Frau und einem Mann“ wegfiel.
Die Autoren des GG hatten von „alternativen Lebensmodellen“ durchaus Ahnung, so Prof. Benedict. Schon einer der Vordenker der sozialistischen/kommunistischen Bemühungen zur Auflösung „bürgerlicher Beziehungsstrukturen“, Charles Fourier (gest. 1837) hatte sie gefordert. Marx, Engels und Bebel machten die Idee zu Kernelementen ihrer Ideologien. Da die Utopien des Sozialismus und des Kommunismus im Vorfeld der Entstehung des GG weltweit Gegenstand intensiver Debatten waren, ist klar, dass auch die ehe- und familienfeindlichen Vorstellungen dieser Ideologien bekannt waren. Mit der „Ausweitung“ des Ehebegriffs und seinen Missbrauch hatte man allerdings nicht gerechnet. Für Prof. Benedict ist nach rechtlicher Prüfung klar, dass die Neufassung des Paragrafen 1353 ein Anschlag auf die Ehe und damit auch ein Bruch des GG ist.
In einem Podiumsgespräch zwischen dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Dr. med. Christian Spaemann M.A., und dem Journalisten und Publizisten, Jürgen Liminski, wurde deutlich, wie wichtig für Kinder das Aufwachsen mit Mutter und Vater ist. Nur so, meint Spaemann, sei in der Regel eine positive Persönlichkeitsentwicklung und Findung der Geschlechtsidentität als Mann oder Frau seitens der Heranwachsenden gewährleistet. Spaemann legte Wert darauf, immer von Normalfällen zu sprechen, die jedoch durchaus eine breite Varianz der individuellen Entwicklung zulasse. Dennoch könne daraus eine Regelmäßigkeit der Entwicklung abgeleitet werden.
Die Juristin und Bioethikerin Stephanie Merckens eröffnete mit ihrem Referat zum Thema „Leihmutterschaft auf dem Vormarsch – die rechtlich-ethische Situation“ ein weiteres spannendes Kapitel. Sie zeigte, wie mit allen Mitteln versucht wird, das in Deutschland bestehende Verbot der Leihmutterschaft zu umgehen. Dabei wird sehr trickreich vorgegangen. Unter anderem nutzten findige Juristen die Rechtsanerkennung ausländischer Rechtssetzung. Ein Beispiel: Das kalifornische Adoptionsrecht, das es ermöglichte, das Kind in den USA von einer Ersatzmutter austragen und in Kalifornien adoptieren zu lassen. Im Rahmen der Rechtsanerkennung wurde dieses Vorgehen dann auch in Deutschland „legal“. Für die Juristin ist deutlich, dass die deutsche Rechtsprechung hier inkonsistent sei. Zum Abschluss zeigte sie in einer beeindruckenden Grafik, zu welch absurden Verhältnissen eine rechtlich nicht konsequent geregelte Adoptionspraxis und Fortpflanzungsindustrie führen könnte.
Wer kann sich heute schon vorstellen, dass es durchaus möglich werden könnte, dass ein Kind mit vier „Müttern“ aufwüchse: einer Eizellenspenderin, einer Ersatzmutter, die das durch Fremdsamen im Reagenzglas befruchtete Ei als Kind austrägt, und einer Frau sowie deren Lebenspartnerin, die das Kind adoptieren. Für Merckens ist klar: Ersatzmutterschaft ist eine Entwürdigung der Frau und degradiert das Kind zur Ware.
Zur selben Auffassung kam auch Birgit Kelle. Die bekannte Publizistin und Journalistin warf der Politik vor, sie habe sich einer sachlichen Auseinandersetzung um die Öffnung der sogenannten „Ehe für alle“ und deren rechtlichen und ethischen Folgen verweigert. Und sie unterstellt, dass diese Verweigerung gewollt sei. Doch, so Kelle, es sei Pflicht der Politik ihr Agieren zu Ende zu denken und erst dann Gesetze zu beschließen. Es genüge schlicht nicht, ein Gesetzgebungsverfahren damit zu begründen, dass die „Betroffenen sich doch liebten.“ Und sie wirft den Lobbyisten und der Politik vor, dass hier mit einer Salamitaktik versucht werde, durch eine schleichende Gewöhnung der Gesellschaft geltendes Recht auszuhebeln und Dinge zu etablieren, die heute rechtlich nicht möglich seien. Vehement nahm sie dabei auch Medien in die Pflicht, die unhinterfragt und in freudigem Ton über das „Glück“ Prominenter berichten, die sich ein Kind bei einer Ersatzmutter gekauft haben. Kelle wundert sich, dass eine derartige Berichterstattung über die ultimative Abwertung der Frau zur Gebärmaschine nicht zu einem öffentlichen Aufschrei führe.
„Organhandel ist zu Recht verboten. Weshalb ist dann der Kinderhandel nicht weltweit verboten“, fragt sie zu Recht. Es will nicht in den Kopf, weshalb nicht klar und deutlich gemacht wird: „Kinder kauft man nicht!“ Immerhin gilt zumindest in Deutschland noch ein absolutes Ersatzmutterverbot. Zumindest das, so hofft Kelle, könne eine entmenschlichende Haltung wie beispielsweise in den USA verhindern, wo der Slogan „Rent a womb“ ( Miete eine Gebärmutter) alltägliche „Normalität“sei. Es gäbe auch keine gesellschaftliche Pflicht zur Erfüllung des Kinderwunsches: „Es gibt kein Recht auf ein Kind“, so fährt sie eindringlich fort und betont, dass die Kinderwunschindustrie in erster Linie zwei Opfer habe: Das Kind und die Mutter, demnach die Frau, die das Kind geboren hat. Das Kind wird zum Handelsobjekt, zur Ware und die Mutter, meistens Frauen aus Thailand, Indien oder anderen armen Ländern, werden unter Missachtung der Menschenwürde und unter Ausnutzung ihrer Notlage missbraucht. Sie wundere sich, so Kelle zum Schluss, dass im öffentlichen Diskurs interessanterweise nicht darüber geredet werde, dass eben nicht Konservative oder Christen Frauen zu „Gebärmaschinen“, degradierten, sondern sie wertschätzten. Aber auch hier besteht ja noch Hoffnung auf Erkenntnisdämmerung.
Der österreichische Jurist, Dr. Jakob Cornides, Beamter der Europäischen Kommission gab abschließend während eines Gesprächs interessante Einblicke zum Thema: „Ehe-‚Öffnung‘ in Europa und weltweit“. Demnach seien in den rund 190 weltweit bestehenden Staaten, in 30 die umgangssprachlich als „Homo-Ehe“ bezeichnete rechtliche Verbindung von Homosexuellen anerkannt, in der EU gebe es diese „Ehe“ in 14 Staaten nicht, in 14 Staaten sei sie rechtlich möglich. Er empfindet es als hochproblematisch, dass sich die Parteien vor der Bundestagswahl 2013 in der Frage nicht klar und verbindlich positioniert hatten. Das Verhalten der CDU in der Bundestagsabstimmung empfinde er als „Betrug“ am Unionswähler.
Vor dem Hintergrund der bestehenden objektiven Rechtslage und den politischen Vorgängen rund um die Abstimmung zur „Öffnung der Ehe“, geht auch er davon aus, dass eine Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht eigentlich zur Rücknahme des Beschlusses des Parlamentes führen müsste. Gleichzeitig räumt Cornides jedoch ein, dass man sich heute leider nicht mehr darauf verlassen könne, da der Einfluss der Politik auf die Rechtsprechung und die Interpretation gesetzten Rechts durch die politische Berufung der Verfassungsrichter inzwischen immens geworden sei. Dennoch solle man die Normenkontrollklage anstrengen, denn, so der Beamte, „wir befinden uns mitten im Schlachtgetümmel und noch ist nicht absehbar, wie es ausgehen wird“, sagte er abschließend.
Es ist der Polizei und deren umsichtigen und gleichzeitig durchsetzungswilligen Auftreten zu verdanken, dass mehr als 500 Menschen dieser hochinformativen Veranstaltung folgen konnten. Die medial aufgehetzten „Aktivisten“ hatten so keine Chance, mit ihrem Hass die Veranstaltung zu stören oder gar zu unterbinden. Auch für deren mangelnde Fähigkeit zu gelebter Toleranz gegenüber Andersdenkenden hatte Birgit Kelle die passenden Worte: „Wir sind die Spaßbremsen, weil wir über die Themen reden wollen …“
Starke Argumente, viel Information und teilweise erschreckende Einblicke in politische und rechtliche Vorgänge sowie aufrüttelnde Ausblicke auf mögliche künftige gesellschaftliche Entwicklungen ließen die Besucher hochzufrieden wieder abreisen.
Alle Videos der Veranstaltung werden in Kürze veröffentlicht.