Dürfen Rathäuser Regenbogenflaggen hissen?

Nicht nur im „Pride Month“ Juni oder während des „Christopher Street Days“ (CSD) – immer häufiger sieht man an oder vor öffentlichen Gebäuden Regenbogenflaggen als Symbol der LSBT-Community hängen. Aber ist das überhaupt erlaubt?

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Allein in den vergangenen Wochen hissten etwa BerlinHamburgDuisburgLübeck oder Böblingen die Flagge vor ihren Rathäusern. Aber auch bei der Berliner Polizei, kleinen Gemeinderathäusern im niedersächsischen Wendland, der Moosburger Volkshochschule oder auf der Konstanzer Rheinbrücke kann man die Flagge sehen. Und die FDP-Bundestagsfraktion forderte jüngst sogar, dass jährlich am 28. Juni an allen Dienstgebäuden des Bundes die Regenbogenflagge hängen soll.

Es gibt auch Widerstand

Aber ganz so leicht verläuft die Beflaggung nicht überall: Der Stadt Neustrelitz in Mecklenburg-Vorpommern wurde es durch den Innenminister des Landes persönlich untersagt, ihr Rathaus für den örtlichen CSD zu beflaggen.

Das Ministerium begründete die Entscheidung damit, dass politische oder weltanschauliche Bekenntnisse an öffentlichen Gebäuden zu vermeiden seien. Tatsächlich braucht man in Mecklenburg-Vorpommern eine Genehmigung des Innenministeriums, möchte man eine andere Flagge als von Land, Bund oder EU an einem öffentlichen Gebäude hissen.

Verstoß gegen Verwaltungsvorschriften

In Dresden ging der Streit bis vor Gericht: Nachdem die sächsische Justizministerin die Regenbogenflagge vor dem Ministerium hissen lies, klagte ein Bürger per Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht. Auch er argumentierte mit der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatskanzlei zur Beflaggung von Dienstgebäuden, die Regenbogenflaggen nicht vorsieht.

Außerdem erklärte der Kläger, die Flagge verstoße gegen die staatliche Neutralität, stelle eine unzulässige Öffentlichkeitsarbeit dar und verletze ihn in seinem Grundrecht auf „negative Weltanschauungsfreiheit“. Zudem gefährde die Flagge den grundgesetzlich garantierten Schutz der Familie, da mit der Regenbogenflagge „auf metapolitischer Ebene das Gesellschaftsbild der heteronormativ geprägten Familie dekonstruiert“ werden solle.

Das Gericht wies den Antrag jedoch zurück und argumentierte, dass aus der verwaltungsinternen Richtlinie zur Beflaggung von Dienstgebäuden der Kläger keine eigenen Rechte ableiten könne. Das Gericht entschied also in erster Linie nach formalen und nicht inhaltlichen Kriterien: „Es ist deshalb unerheblich und kann somit offenbleiben, ob das Hissen der Regenbogenfahne vor dem Ministerium einen Verstoß gegen die Verwaltungsvorschrift Beflaggung darstellt.“

Verstoß gegen Neutralitätsgebot

Aber selbst wenn das Gericht den offenkundigen Verstoß gegen die Verwaltungsvorschriften geahndet hätte: Eine Landesregierung kann solche Vorschriften leicht ändern. Das zentrale Problem der Regenbogenbeflaggung von Dienstgebäuden ist der Verstoß gegen das Neutralitätsgebot.

Zwar argumentieren manche Juristen, eine Regenbogenflagge sei keine parteiliche oder politische Stellungnahme. Allerdings werden damit durchaus konkrete politische Forderungen verknüpft, wie beispielsweise die „Ehe für alle“, Leihmutterschaft und Reformen der Transsexuellen-, Adoption- und Abstammungsgesetze im Sinne der LSBT. Dies gilt vor allem, wenn die Flaggen anlässlich des „Pride Month“, des CSD oder anderer eindeutiger LSBT-Veranstaltungen gehisst werden.

Die vage Behauptung, eine Regenbogenflagge sei lediglich ein unpolitisches Bekenntnis zu Vielfalt und Toleranz, erzeugt zudem einen Dammbruch: Mit diesen Schlagwörtern ließen sich theoretisch die Flaggen vieler verschiedener gesellschaftlicher Bewegungen und Strömungen rechtfertigen. In kluger Voraussicht setzen dagegen die Beflaggungsvorschriften von Bund und Länder einen engen Rahmen und lassen keinen Spielraum für eine Regenbogenbeflaggung oder Ähnliches.

Es braucht also dringend mehr mutige Politiker und Beamte in den Landesregierungen, Stadträten und Behörden, die gegen diese Verletzung des Neutralitätsgebotes politisch und juristisch vorgehen.