Blitzdiagnosen transaffirmativer Scharlatane statt echte Hilfe

Perfektes Timing, perfekte PR, perfekter Skandal. Die von Alice Schwarzer herausgegebene Streitschrift „Transsexualität. Was ist eine Frau? Was ist ein Mann?“ sorgte bereits für Furore, da war der Sammelband noch im Druck. Die Grande Dame des Feminismus weiß, wie man eine Welle macht.

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Vor ein paar Jahren schon berichteten Ärzte von einer unerklärlichen Zunahme an jungen Mädchen, die sich als Transgender outen und eine Geschlechtsumwandlung anstreben. Eigentlich ein Aufreger. Ein paar Zeitungen warnten vor dem Trans-Hype, der die Mädchen der westlichen Welt erfaßt hatte. Richtig hochgefahren hat das Thema hierzulande aber erst Schwarzer in ihrer feministischen Frauenzeitschrift Emma.

Das Buch nun, lange angekündigt, versprach die „Trans-Mode“ in Breite und Tiefe zu analysieren. So zumindest die geschürte Erwartung in sämtlichen Blättern – wenn Schwarzer eine dpa-Meldung will, bekommt sie die auch: „Es geht nicht um die extrem kleine Gruppe echter Transsexueller“, sagte Schwarzer. „Es geht um Zehntausende junge Mädchen, die plötzlich ihr Geschlecht wechseln wollen. Vor allem sehr junge Mädchen. Mittlerweile gibt es Klassen, in denen vier Mädchen sitzen und sagen: ‚Ich bin trans – ich will ein Junge werden!‘ Es wird zum Massenphänomen.“

Debatte zeugt von Machtkampf im feministischen Milieu

Ein Skandal, der die Menschen von der Couch holt, aber die eigene feministische und queere Blase bekam ihren extra Stimulus: Mit einem Paukenschlag ist die Mitherausgeberin des Buchs und Emma-Redakteurin Chantal Louis kurz vor der Buchveröffentlichung aus dem „Lesben- und Schwulenverband in Deutschland“ (LSVD) ausgetreten.

Länger schon schwelt der Machtkampf zwischen der alten lesbisch-feministischen Garde und den jungen, queeren Transgender-Revoluzzern, die die Regenbogenfahne erfolgreich gekapert haben. Entzündet hat er sich an der Frage, so ist es in Louis Abschiedsbrief: „Jetzt reicht es: Adieu, LSVD!“ zu lesen, ob die transitionswilligen Mädchen der gefährlichen „Trans-Mode“ zum Opfer fallen? Oder ob das Schwarzer/Louis-Buch „gefährlich“ und „unverantwortlich“ sei, wie der LSVD behauptet.

Es gebe diesen Trend nämlich nicht, meint etwa Sven Lehmann (Grüne), der Queer-Beauftragte der Bundesregierung: „Trans ist ganz sicher weder ein Hype noch eine Modeerscheinung.“ Sondern ein Indiz dafür, daß die „offener gewordene“ Gesellschaft es den Mädchen erleichtere, zu ihrer männlichen Geschlechtsidentität zu stehen.

Geschlechtsumwandlung ohne elterliche Zustimmung

Kommt das von den Anhängern der „Queer“-Bewegung angestrengte Selbstbestimmungsgesetz, soll der Geschlechtswechsel mit Hormonen und Operationen ab 14 Jahren nun auch gegen den Willen der Eltern möglich sein. „Queer“ ist die neue Hausmacht im Regenbogenland, der es spielend gelingt, Therapeuten, Kliniken und Eltern massiv unter Druck zu setzen, den Transitionswunsch der Kinder uneingeschränkt zu bestätigen. Der Vorstellung beim Therapeuten folge prompt die Überweisung zum Endokrinologen, klagen die beiden Herausgeberinnen, die sich zur Stimme der Vernunft gemausert haben.

In der bunten Blase flogen die Fetzen. Schwarzer und Louis wurden als transphob und sogar als AfD-nah beschimpft. Aber Gegenwind ist bekanntlich die beste PR. Um die Provokation perfekt zu machen, erschien die Streitschrift pünktlich zum „Transgender Day of Visibility“ am 31. März, dem Feiertag der Umoperierten und jener, die das noch wollen. Kaum eine Redaktion also, die kein Besprechungsexemplar anforderte. Man durfte gespannt sein!

Um es kurz zu machen: Die Pointen sind schon in der Vorschau verbraten. Wer eine Analyse der Trans-Mode erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die Ursachenforschung kommt über das aus der dpa-Meldung bekannte feministische Narrativ vom Rollenzwang kaum hinaus: „Diese jungen Mädchen, die jetzt die Therapeutenpraxen stürmen, leben in einer Welt, die ihnen sehr widersprüchliche Botschaften vermittelt. Einerseits wird ihnen gesagt: ‚Du kannst Kanzlerin werden, du kannst Astronautin werden, du kannst alles, was die Männer können!‘ Gleichzeitig wird ihnen aber nicht nur im Netz signalisiert: ‚Aber immer schön Frau bleiben dabei! Der Körper, der Busen, das Gesicht – muß alles perfekt sein!“

Die Flucht ins Mannsein empfänden die Mädchen, angestachelt durch die Trans-Gemeinschaft, als die Lösung gegen die „Zumutung des Frauseins in einer patriarchalen Welt“. Hormone und Messer dürften nicht die schematische Lösung sein, mahnt Schwarzer, sondern es müßten die Gründe für das Unbehagen am angeborenen Geschlecht erkundet werden.

Kinderpsychiater warnt vor Selbstbestimmungsgesetz

Viele der Erkundungen im Sammelband sind bereits vorab in der Emma publiziert, etwa ein Interview mit dem Kinderpsychiater, Alexander Korte, der als einer der ersten Ärzte in Deutschland auf das Trans-Mädchen-Phänomen aufmerksam gemacht hat. Korte liefert den medizinischen Überblick über Transgender im allgemeinen und die Trans-Mode im speziellen: „Die Mädchen zerschellen an den Herausforderungen in der Pubertät“ und das Selbstbestimmungsgesetz wäre „fatal“, denn die juristische Bestätigung, ein Junge zu sein, würde den zweiten Schritt, die medizinischen Eingriffe, nach sich ziehen.

Eindrucksvoll sind die Schilderungen aus den Therapie-Praxen: Der Körperhaß der Mädchen, die schmerzhafte Periode, die rigiden Schönheitsideale und Rollenerwartungen. „Bitte, lassen Sie mich einfach Testosteron nehmen!“, zitiert eine Jugendpsychotherapeutin Eindrücke aus ihrer Praxis, und ergänzt die Einsicht desselben Mädchens wenige Monate später: „Zum Glück durfte ich das nicht! Ich weiß jetzt, daß mein Körper nicht das Problem war.“

Immer mehr Mädchen haben jedoch Pech. Sie geraten an einen Therapeuten, der ideologisch motiviert oder aus Angst als transphob zu gelten, die Selbstdiagnosen der Mädchen sofort bestätigt. Nach 30 Minuten habe der Therapeut die Diagnose gestellt, erzählt Sam, „am selben Tag habe ich das Rezept für das Testosteron bekommen“. Elie, Nele und Sam sind drei Mädchen, die ihre Transition bereuen und inzwischen wieder als Frauen leben. Ihre Schilderungen sind das Kernstück des Buchs.

Es verging kein Jahr seit Sams erstem Beratungsgespräch, da wurden ihr die Brüste und die Gebärmutter entfernt. Es sei viel zu schnell gegangen. Von einem reibungslosen Ablauf ohne therapeutische Begleitung, ohne kritische Nachfragen und ohne Aufklärung über die Folgen von Hormonkuren und Operationen, sogar von klaren Lügen, berichten auch Elie und Nele. Ihre Eltern seien mit ihren Bedenken nicht durchgedrungen, und hätten „unter dem großen Druck“ der Trans-Organisationen klein beigegeben.

Eltern berichten von Blitzdiagnosen

Der Druck auf die Eltern und die Manipulation ihrer Töchter durch die Trans-Ideologie ist so stark, daß sich weltweit Elterninitiativen bilden. Die im Buch interviewten Eltern bleiben aus gutem Grund anonym. „Unsere Tochter hat uns per WhatsApp mitgeteilt, daß sie lieber ein Junge sein möchte“, so ein Vater. Auf der Suche nach spezialisierten Psychologen stellte er fest, daß „sie alle ihre Praxis eingestellt haben, weil sie massiven Angriffen ausgesetzt waren“, und auch juristisch belangt worden seien. Statt dessen: Blitzdiagnosen transaffirmativer Scharlatane.

Die Geschichten der Eltern ähneln sich und auch ihr Wunsch, daß die Ursachen für das ROGD-Syndrom aufgedeckt würden. ROGD steht für „Rapid Onset Gender Dysphoria“, also die urplötzlich einsetzende Geschlechtsdysphorie bei Pubertierenden. „Parents of ROGD-Kids“ heißt die Elterninitiative.

Die Ursachenforschung ist die Leerstelle im Buch. Eher zwischen den Zeilen wird deutlich, daß es da noch mehr gibt als die weibliche Pubertät, die auf die Trans-Propaganda aus dem Internet trifft. Sätze wie „sie hat uns einen Brief hingelegt“, stehen beispielhaft für eine Sprachlosigkeit, eine emotionale Kluft zwischen den Eltern und Töchtern, die in den Interviews durchscheint. Ist das die normale Pubertät? Der tiefe Selbsthaß der Mädchen und Stichworte der Eltern, wie Ritzen und Anorexie deuten auf familiendynamische Ursachen, die dem ROGD-Syndrom vorgelagert sein können.

Es wird nicht das letzte Buch zu diesem Thema gewesen sein. Schwarzers und Louis Verdienst ist es, den betroffenen Familien eine unüberhörbare Stimme gegeben zu haben. Zum geplanten Selbstbestimmungsgesetz gibt es immensen Klärungsbedarf.

Dieser Beitrag wurde zuerst bei „Junge Freiheit“ veröffentlicht und erscheint hier mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.

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