Little Miss Transgender – Diversity auf dem Laufsteg

Warum feiert ein zehnjähriges Trans-Kind Erfolge als Model? Noella McMaher, der Junge, der als Mädchen modelt, ist das neueste Aushängeschild der Gender-Ideologie und hat damit Zugang ins elitäre Showgeschäft. Doch das allein erklärt nicht die hohen Gagen und den Hype um seine Person.


Im Jahr 2006 wurde der amerikanische Low Budget-Film „Little Miss Sunshine“ auf Filmfestivals mit stehenden Ovationen gefeiert. Das kleine, pummelige Mädchen Olive aus Albuquerque will unbedingt einen Schönheitswettbewerb für Kinder in Kalifornien gewinnen. Ihre liebenswert chaotische Familie, in der jeder auf seine Art an der „The winner takes it all“-Mentalität scheitert, macht sich in einem alten VW-Bus auf den Weg quer durchs ganze Land, um Olive ihren Modeltraum zu erfüllen. Der Film ist ein legendärer Familien-Roadtrip.

Die in den USA üblichen Schönheitswettbewerbe für Kinder sind der Aufhänger der Geschichte. Es reichte, sie in wenigen Szenen anzudeuten: Fanatische Mütter, die kleine Mädchen weit vor der Pubertät in Highheels und extrem knappe und hautenge Glitzerfummel stecken, pausbäckige Gesichter unter Schichten aus Schminke verbergen, und die eher nackten als angezogenen Kinder mit Bräunungsspray bearbeiten. Olive ist der absolute Gegenentwurf dieser hypersexualisierten Preteen-Modelwelt. Unbeabsichtigt hält sie der entsetzten Jury und dem Publikum den Spiegel vor, indem sie als Showact auf dem Schönheitswettbewerb in kindlich unbedarften Posen einen Striptease aufführt, den ihr ihr schrulliger Opa unterwegs beigebracht hat.

Mädchen wie Olive haben im knallharten Geschäft mit der Schönheit, in dem es schon im Nachwuchsbereich um hohe Summen geht, keine Chance. Seit einigen Jahren hadert die Modeindustrie jedoch mit ihrem Image und bemüht sich um einen inklusiveren Anstrich. Neben den hübschen, schlanken und makellosen Mannequins, die die Laufstege der Modemetropolen bevölkern, schicken immer mehr Designer auch Models auf den Catwalk, die optisch das rigide Schönheitsideal verlassen. Doch Olive ist immer noch chancenlos. Das Gewöhnliche bekommt keine Bühne, sondern das Absonderliche und das Verstörende.

Schönheitsflecken im Reigen der Makellosen

Ein prominentes Beispiel ist das kanadische Model Winnie Harlow, die ihre Pigmentstörung Vitiligo zum Markenzeichen gemacht hat. Auf ihrer dunklen Haut hat sie am ganzen Körper und im Gesicht große, weiße Flecken. Molly Blair ist für ihre ungewöhnlichen Gesichtszüge bekannt, die die gefragte elfenhafte Physiognomie ins Groteske übersteigern. Zusammenstellungen außergewöhnlicher Models im Internet zeigen außerdem Albino-Models, eine Dame mit Riesenwuchs und körperbehinderte Models. Sie dürfen mit oder ohne Prothese, sogar im Rollstuhl, für Luxuslabels Werbung machen. Madeline Stuart ist ein viel gebuchtes Model mit Down Syndrom.

Ihnen gemeinsam ist, dass sie auch ohne ihr hervorstechendes Merkmal jene gewisse Ausstrahlung haben, die im Model-Business gesucht ist. Doch ohne ihre außergewöhnliche Körperform, Hautfarbe oder Körperbehaarung, ohne ihre Behinderung wäre ihnen die Karriere als Model vermutlich verwehrt geblieben. Sie fallen nicht in diese Kategorie der Supermodels wie Cara Delevigne, die unter den Schönsten der Schönen noch einmal hervorsticht, weil sie ungewöhnlich dichte und markante Augenbrauen hat. Oder wie das niederländische Topmodel Lara Stone, die ihre kleine Zahnlücke nicht korrigiert sondern kultiviert hat.

Harlow, Blair und Stuart gehört das Rampenlicht, weil sie innerhalb und mit ihrer Erscheinung das gleichmäßig Schöne stören und in Frage stellen. Sie sind der Schönheitsfleck im Reigen der Makellosen. Das Schöne wirkt intensiver durch den wohldosierten Kontrast mit der optisch krassen Abweichung von der Norm. Es geht neben den ideologischen und politischen Motiven um starke, einzigartige Irritationen und nicht darum, jederfrau eine Modelkarriere zu ermöglichen. Das Prinzip ist altbewährt und erinnert an die Jahrmärkte, als neben spärlich bekleideten Damen ohne Unterleib auch „anatomische Wunder“ und „lebende Kuriositäten“ zur Schau gestellt wurden.

Body Positivity und Diversität“ sind eine Farce

Im Milliardengeschäft der Modeindustrie passiert nichts ohne Kalkül. Ihre Verkaufsargumente sind und bleiben schöne, junge, nackte Körper. Das Marketing, beispielsweise die Victoria-Secret-Engel stehen im Mittelpunkt, nicht die Unterwäsche, die an die Frau gebracht werden soll. Das passiert dann ganz von allein.

Unter dutzenden klassischen Schönheiten war 2018 auch die braun-weiß-gefleckte Winnie Harlow ein Victoria-Secret-Engel. Erfolgreich inszeniert sie ihre Krankheit als selbstgewähltes Markenzeichen und erzielt damit einen höheren Wiedererkennungseffekt als viele ihrer Konkurrentinnen. Ausgehend von solchen Models mit einem Makel als Alleinstellungsmerkmal öffnete sich die Mode-Branche unter zunehmendem politischen Druck für reine Diversity-Anliegen ohne erkennbaren Modelhintergrund. Heidi Klums Topmodel-Casting fiel in den vergangenen Jahren dadurch auf, dass ihre Show immer mehr zum Kuriositätenkabinett wurde, bis der Zuschauer das Gefühl hatte, die Modelmama habe die Political Correctness nun etwas überstrapaziert.

Die Vorführung „anatomischer Wunder“ dient heute vor allem als politisches Feigenblatt im Geschäft mit der Schönheit. Um den Vorwurf der Diskriminierung und Sexismus-Debatten möglichst zu entkräften, braucht es ausgewählte Darsteller, die das Märchen gelebter Vielfalt, Diversität und Teilhabe glaubhaft in den Medien inszenieren können. In Zeiten, wo angeblich jeder alles sein kann nur nicht Indianer, darf dem Modeltraum nichts im Wege stehen. Diese Ideologie gehört im Showbiz nicht nur zum guten Ton, sondern ihre Verinnerlichung ist zur Voraussetzung geworden, um den nächsten Tag zu überstehen.

Die medial gefeierten Akteure dieser Vielfaltspropaganda müssen die Shows eröffnen und vor sämtlichen Kameras ihre Botschaft wiederholen: „Eine Inspiration“ wollen sie sein und die „Menschen auf der ganzen Welt zu einem positiven Selbstbild motivieren“. Das Problem an der Sache: Über die Motivation hinaus wird nicht viel passieren. Zum Vorzeigen reicht nämlich ein Model mit Hautflecken, ein Model mit Übergewicht und eines im Rollstuhl. Und dann ist auch wieder gut. Die gesamte Inszenierung von „Body Positivity und Diversität“ in einem System, das einzig auf normierter Schönheit basiert, ist eine Farce, die für jeden ersichtlich ist.

Model oder politische Aktivistin?

Ein Sonderfall ist der Inklusionsgedanke. Angesichts einer Abtreibungsrate bei Kindern mit Downsyndrom, die gegen hundert Prozent geht, gilt es jede Bühne zu nutzen, um klar und deutlich zu zeigen: Jedes einzelne Leben ist lebenswert und hat seine schönen Seiten. Kein Aber. Hier dient die Bühne der Platzierung einer Botschaft, wohingegen der Anspruch, ein Model zu sein, zweitrangig ist. Ja, ist dem so? Träumt das junge Mädchen mit Downsyndrom nicht tatsächlich vom Modeln? Fasst es die Begeisterung des Publikums als Unterstützung seiner mutigen Geste oder als Anerkennung seiner Schönheit auf? Wird ein Mädchen mit Behinderung vorgeführt? Nehmen seine Eltern das in Kauf um der wichtigen Botschaft willen?

Jenseits der ideologischen Einhegung funktioniert der Markt mit dem weiblichen Körper als Werbeobjekt über Angebot und Nachfrage. Das Ergebnis ist normierte Schönheit. Die verändert sich, aber nicht durch politische Vorgaben. Man mag das System insgesamt ablehnen, weil einem die Bewertung eines Menschen anhand seines Aussehens fern liegt. Doch dann sollte man auch konsequent sein und nicht das System an seine Vorstellungen anpassen, indem man jungen Mädchen erzählt, individuelle Schönheit reiche aus, um sich den Modeltraum zu erfüllen.

Viele Frauen lehnen die Frauenquote ab, weil sie im Arbeitsmarkt nicht durch politische Förderung sondern wegen ihrer Fähigkeiten erfolgreich sein und Anerkennung erfahren wollen. Niemand möchte sich auf Dauer selbst in die Tasche lügen. Was macht es mit dem Selbstwertgefühl von Models, die sich wegen eines geschickt vermarkteten Makels oder im Zuge politischer Diversity-Forderungen Zugang in die Modewelt verschafft haben? Winnie Harlow weiß, dass sie eine schöne Frau ist. Dass sie den Unterschied zwischen Model und Top-Model ihrer einzigartigen Hautfärbung zu verdanken hat, mag sie nicht groß belasten. Doch wie geht es den Models, die eine Geschlechtsoperation hinter sich haben, die unter Riesenwuchs leiden, die als Albinos auch jenseits der Laufstege alle Blicke auf sich ziehen, die also das ideologische Karrieresprungbrett unter ihren Füßen deutlich spüren? Sehen sie sich mehr als politische Aktivistinnen denn als Models?

Transgender ist kein Garant mehr für eine Blitzkarriere

Die „außergewöhnlichen Models“ werden wegen ihrer Makel oder Behinderungen vorgeführt, ohne dass die Adressaten ihrer Botschaften jemals den Hauch einer Chance hätten auch nur den Schönheitswettbewerb in Wanne-Eickel zu gewinnen. Selbst die Zunft der Plus-Size-Models, die jeder BH-Produzent, der im politischen Mainstream bestehen will, ab und an vor die Kameras schickt, führt ein Nischen-Dasein, für das sich allenfalls Journalistinnen interessieren, die glauben Body-Positivy könne man herbeischreiben. Plus-Size-Models sind der Frauenfussball der Modewelt.

Eine Modenschau lebt selbst in ihrer Avantgarde von Mädchen in uniformer Schönheit. Mit wenigen inszenierten Kontrasten ist sowohl der Faszination am Abnormen als auch der tagesaktuellen Diversitätsideologie genüge getan. Der Veranstalter kann sich Backstage als Teil der woken Elite zurücklehnen, ohne ganze Scharen an vielfältigen Models auf den Laufsteg schicken zu müssen.

So wie sich die Mode wandelt, so ändern sich auch die impliziten politischen Vorgaben, vielleicht sogar noch schneller. Selbst der neueste Schrei im modernen Kuriositätenkabinett – chemisch und operativ kastrierte Männer, die als Transgender-Models auf den Fashion Weeks vor allem sich selbst und nebenbei auch Damenmode vorführen – verhallt so langsam. Transgender und queer Sein sind mittlerweile kein Garant mehr für eine Blitzkarriere als Model oder Schauspieler. Transgender-Models wie Valentina Sampaio oder Andrej Pejic haben den Zenit überschritten.

Um die nächste Spitze zu erklimmen, brauchte es schon einen zehnjährigen Knaben, der als Transgender-Mädchen auftritt. Die Mode-Elite feiert Noella McMaher als jüngstes Trans-Model. Sämtliche Shows reißen sich um das Kind, und nach New York ist nun auch ein Auftritt auf der Pariser Fashion Week angekündigt.

Keine Show braucht zwei Noellas

Seine Eltern, zwei biologische Frauen mit Transgender-Identität, betonen, dass sowohl Noellas Coming Out als trans als auch ihre Ambitionen zu modeln eine freie Entscheidung ihres Kindes waren. Vermutlich drängen sie Noella nicht ins Rampenlicht, wie Kritiker befürchten. Das Kind ist wegen des internationalen Rummels um seine Person vermutlich wie in einem Rausch. Die Aufgabe der beiden Frauen wäre es, ihren Sohn wieder zu erden, auf den baldigen Aufmerksamkeitsentzug vorzubereiten und ein kindgerechtes Großwerden zu ermöglichen.

„Noella ist ein Phänomen“, zitiert die Daily Mail einen Hollywood-Agenten. „Sie ist erst zehn Jahre alt, aber repräsentiert so viel davon, was gerade in der Welt passiert. Wir sehen immer mehr Transgender-Models und sie ist das ultimative, woke Vorbild.“ Noella sei in der Lage, bald ein bis zwei Million Dollar zu verdienen, prognostiziert der Branchen-Insider.

Kann man diesen Erfolg mit einem vorausahnenden Ritt auf der Ideologie-Welle planen oder war Noella mit ihren Eltern einfach zu richtigen Zeit am richtigen Ort? Noella wurde für die Fashion Week in New York von der Designerin Melissa Kay Atkinson gebucht, die „inklusive Kleidung“ für Menschen mit Behinderungen und „diversen Körperformen“ kreiert. Daraufhin berichteten internationale Medien über das Kind, das als jüngstes Trans-Model Geschichte schreibt.

Little Miss Transgender wird eine unbedeutende Anekdote in der Geschichte der glitzernden Modewelt bleiben. Der nächste Hype steht gewiss schon in den Startlöchern, nur die vielen namenlosen Mannequins werden weiter über die Laufstege schweben, unbehelligt davon, welche „lebende Kuriosität“ auf den kommenden Fashion Weeks für Aufregung und ideologische Genugtuung sorgt. Die Leidtragenden in dieser Geschichte sind Noella und alle Kinder, die glauben, ein Outing als Transgender sei der Startschuss in eine ruhmreiche und lukrative Modelkarriere. Ein Trugschluss. Keine Show braucht zwei Noellas. The winner takes it all.

Bild: Screenshot Instagram thenoellabella