Familienpolitik ist nicht Aufgabe des Europäischen Parlaments. Und dennoch mischen sich die Abgeordneten immer wieder in die Familienpolitik der Mitgliedsstaaten ein und verbreiten darüber gefährliche LSBT- und Gender-Ideologien. Eine Mahnung an die neu gewählten Abgeordneten.
Nicht immer sind die Versuche der Einflussnahme offensichtlich. Oft geht es in den Berichten und Entschließungen in erster Linie um Strategien gegen Gewalt und Diskriminierung oder für Gesundheit, Gleichstellung und Toleranz. Durch diese unverdächtigen Formulierungen erlangen die Initiatoren häufig breite Zustimmung im Parlament, obwohl diese Bereiche in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten fallen und das Subsidiaritätsprinzip damit klar missachtet wird.
In der vergangenen Legislaturperiode von 2014 bis 2019 wurden mehrere gravierende Entscheidungen mit negativen Konsequenzen für die Familienpolitik der einzelnen Mitgliedsstaaten gefällt. Wir haben eine kleine Auswahl zusammengestellt:
Umfassende Sexualerziehung und mehr Gender Mainstreaming
Im Bericht „Über die Strategie der EU für die Gleichstellung von Frauen und Männern nach 2015“ werden die Mitgliedsstaaten angehalten, schulische „Sexualerziehungsprogramme“ zu entwickeln (56) und Jugendlichen den Zugang zu Verhütungsmitteln sicherzustellen (60). Daneben findet sich die Empfehlung, „das Arbeits- und Familienrecht im Hinblick auf Alleinerziehende und LGBT-Eltern auszubauen“ (31).
Begründet werden diese Forderungen mit angeblichen „rückwärtsgewandten Tendenzen in der europäischen Gesellschaft“. Mehrfach werden die Mitgliedsstaaten zur umfassenden Anwendung von „Gender Mainstreaming“ (7, 9, 10, 44, 76), zum Abbau von „Geschlechtsstereotypen“ (18, 58, 61, 62, 63) in allen gesellschaftlichen Bereichen und zur Unterstützung „feministischer Forschung“ (67) aufgefordert.
Großes Aufsehen erregte der 2015 veröffentlichte sogenannte Tarabella-Bericht, der nicht nur ein Menschenrecht auf Abtreibung (46, 48) forciert, sondern auch tief in das Familien- und Privatleben der Menschen eingreift. So wird eine „traditionelle Aufteilung von Verantwortlichkeiten“ in der Familie als Hindernis für die Gleichstellung betrachtet und Frauen und Männer werden zu einer „ausgewogene[n] Aufteilung der „unbezahlten Arbeit“ wie Betreuungs- und Haushaltsaufgaben“ aufgefordert (Erwägung I, 45). Laut dem Bericht braucht es außerdem Maßnahmen, „mit denen Männer dazu motiviert werden, die häuslichen Pflichten und die Betreuung von Kindern […] zu gleichen Teilen zu übernehmen“ (16).
Die Entschließung zur Lage der Grundrechte in der EU von 2019 „fordert die Mitgliedstaaten auf, für umfassende Sexualerziehung und den einfachen Zugang von Frauen zur Familienplanung und zum gesamten Spektrum reproduktiver und sexueller Gesundheitsleistungen, einschließlich moderner Methoden der Empfängnisverhütung und des sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruchs, zu sorgen“ (23).
LSBT-Gesetze und „Ehe für alle“
In der Entschließung zur Lage der Grundrechte in der EU von 2018 werden Mitgliedsstaaten und EU-Kommission gemahnt, „über die ordnungsgemäße Durchsetzung und Durchführung der EU-Rechtsvorschriften zu wachen, die von Belang für die LGBTI-Rechte sind“ und „dabei eng mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammenzuarbeiten, die sich für die Rechte von LGBTI-Personen einsetzen“ (63).
Zudem „begrüßt [man] Initiativen zum Verbot von Reparativtherapien für LGBTI-Personen und zum Verbot der Pathologisierung von Transgender-Identitäten und fordert alle Mitgliedstaaten auf, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen, mit denen das Recht auf Geschlechtsidentität und auf Ausdruck der Geschlechtlichkeit geachtet und gewahrt wird“ (65).
Auch eine rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften und „Ehen“ in allen Mitgliedsstaaten wird verlangt (64). In einem Bericht über die Menschenrechtspolitik der EU von 2015 wurde die Einführung eingetragener Lebenspartnerschaften oder der „Ehe für Alle“ den Mitgliedsstaaten ungeachtet deren nationaler Gesetze ebenfalls bereits nahegelegt (93).
Kritik ist unerwünscht
In einer diesjährigen Entschließung über die „Gegenreaktionen“ zur Gleichstellungspolitik der EU werden von EU-Kommission und Mitgliedsstaaten die Stärkung der „Rechte von LGBTI+-Personen“ sowie die Förderung von Gender Mainstreaming (1, 35) verlangt. Sexualaufklärung soll „allen jungen Menschen“ (44) ermöglicht und die „Beseitigung von Geschlechterstereotypen“ (7, 23) vorangetrieben werden.
Die Autoren der Entschließung warnen vor einer „Neuausrichtung von Gleichstellungspolitik auf Familien- und Mütterpolitik“ (6) in einigen Mitgliedsstaaten sowie deren Versuch „den Zugang zu Familienplanung und Verhütung, und das Recht auf Abtreibung einzuschränken oder aufzuheben“ (42). Außerdem wird Kritik an der umstrittenen „Istanbul-Konvention“ des Europarates (13) sowie an den Sexualaufklärung-Standards der WHO verurteilt und als „Desinformationskampagnen“ diffamiert (Erwägung T).
Vor allem die bürgerlichen Abgeordneten müssen in der neuen Legislaturperiode versuchen, diesen gefährlichen Einfluss auf die Familienpolitik der Mitgliedsstaaten zu verhindern. Das Europäische Parlament muss sich wieder auf seine eigentlichen Kompetenzen besinnen und das Subsidiaritätsprinzip einhalten. Darüber sollte, auch unabhängig von der politischen Position, Konsens unter den Abgeordneten bestehen.