Braucht es Beratungsstellen für „Geschlechtsidentität“? Solche Beratungsstellen fordern die Grünen in einem Gesetzentwurf zur „Anerkennung der selbstbestimmten Geschlechtsidentität“.
Dieses sog. Selbstbestimmungsgesetz (SelbstBestG) sieht einen Rechtsanspruch auf Beratung für Menschen vor, die ihre „Geschlechtsidentität“ im Widerspruch zu ihren „körperlichen Merkmalen“ definieren. Das Gesetz soll das Transsexuellengesetz (TSG) ersetzen. Dieses sieht vor, dass für die Änderung des Geschlechtseintrags im Personenregister Gutachten unabhängiger Sachverständiger vorliegen müssen.
Das lehnen die Grünen ab, weil die Geschlechtsidentität „nicht fremdbegutachtet“ werden und die Begutachtung deshalb ohnehin nur wiedergeben könnte, „was der Mensch über sich selbst berichtet“ (siehe Entwurf zum Selbstbestimmungsgesetz von 2017.) In § 4 Abs. 3 des Transsexuellengesetz (TSG) heißt es, dass die Gutachter „auf Grund ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Erfahrung mit den besonderen Problemen des Transsexualismus ausreichend vertraut“ sein sollten.
Transsexuellengesetz geht von biologischen Tatsachen aus
Dass die „Geschlechtsidentität“ eine Sache der Selbstdefinition ist, entspricht der Gendertheorie, nach der das Geschlecht nur ein „soziales Konstrukt“ ist. Das Transsexuellengesetz stammt dagegen aus Zeiten (1980), in denen man von biologisch-medizinischen Tatsachen ausging. Deshalb konnte das gewünschte, neue Geschlecht erst nach einer operativen Geschlechtsangleichung und Sterilisation in vollem Umfang rechtlich anerkannt werden.
Gegen diese medizinischen „Hindernisse“ einer rechtlichen Geschlechtsneudefinition nach Empfinden haben Transsexuelle in mehreren Prozessen vor dem Verfassungsgericht geklagt. Die Richter gaben ihren Wünschen in mehreren Urteilen Recht. Zuletzt befanden sie 2011 sogar, dass es zur Begründung einer gleichgeschlechtlichen, eingetragenen Lebenspartnerschaft (LPartG) keiner operativen Geschlechtsumwandlung bedarf (1 BvR 3295/07).
Dasselbe muss natürlich für Ehen gelten. Im Falle homosexuell lebender Transsexueller kann das, in Zeiten der „Ehe für alle“, zu paradoxen Konstellationen führen. So kann sich z. B. eine Frau scheiden lassen, zugleich als Mann neu definieren und dann wieder eine Lebenspartnerschaft oder Ehe mit einem Mann eingehen. Da sie de jure ein Mann, aber nach wie vor gebärfähig ist, könnte sie ein Kind gebären, dessen rechtliche Mutter sie wäre. Denn nach §1592 BGB ist die Mutter eines Kindes, „die Frau, die es geboren hat“.
Von Vater und Mutter soll nicht mehr die Rede sein
Das Muttersein widerspricht aber der Selbstdefinition der Transperson als Mann bzw. Vater. Transsexualitäts-Lobbyisten lehnen folglich die Mutterdefinition des BGB ab. Der Bundesverbands Trans* kritisiert §1592 BGB als „verfassungswidrig“, weil er „die Anerkennung von gebärenden Vätern unmöglich macht“. Dies sei überholt, denn inzwischen hätten weltweit schon über 40 trans* Männer nach ihrer Transition leibliche Kinder geboren (siehe Policy Paper Recht des Bundesverbands Trans*: Paradigmenwechsel zum Reformbedarf des Rechts in Bezug auf Trans*, S. 14).
Diese Einzelfälle reichen dem Bundesverbands Trans* als Begründung, um eine „umfassende Reform des Elternrechts“ zu fordern. Nach seiner Neudefinition von Elternschaft (von Vater und Mutter soll nicht mehr die Rede sein) soll ein Elternteil „zunächst die Person sein, die das Kind gebärt und zweitens die Person, die übereinstimmend mit der gebärenden Person angibt, der zweite Elternteil zu sein. Erst wenn die Elternschaft strittig ist, sollte eine biologische Elternschaft festgestellt werden“.
Konstitutiv für eine Familie sollen nicht mehr Biologie und Abstammung, sondern Wunsch und Wille sein. Deshalb fordert der Transverband eine „Ausweitung des Rechts auf künstliche Befruchtung auf alle Personen, die Kinder bekommen wollen“ (S. 14f und 19). Statt des natürlichen Rechts des Kindes auf Vater und Mutter soll es ein Recht auf Kinder geben.
Trotz „Entpathologisierung“ sollen Krankenkassen bezahlen
Der Wunsch nach einem Wechsel der „Geschlechtsidentität“ sogar von Müttern oder Vätern soll als normal gelten. Das ist gemeint, wenn es heißt, dass Transgeschlechtlichkeit nicht mehr „pathologisiert“ werden dürfe. Dieser Forderung wurde in neuen medizinischen Diagnoserichtlinien (ICD-11) insofern nachgegeben, als die Transgeschlechtlichkeit nicht mehr den „somatischen Störungen“ zugeordnet wird. Trotz der „Entpathologisierung“ sollen die Krankenkassen aber weiter für „geschlechtsangleichende Maßnahmen“ bezahlen.
Mehr noch: Auch geschlechtsspezifische medizinische Leistungen, „wie z.B. eine Hodenkrebsvorsorgeuntersuchung für trans* Frauen oder einem Gebärmutterhalsabstrich für trans* Männer“ sollen weiterhin übernommen werden (S. 19). Die „trans* Personen“ sollen also Leistungen für ihr Geburts- wie für ihr neues Identifikationsgeschlecht erhalten, die für Männer wie für Frauen gelten.
Weitere Forderungen sind u. a. eine gesetzlich verankerte „angemessene Trans*-Beratung gesetzlich“ nach dem Vorbild Schwangerschaftskonfliktberatung, die aber im Unterschied zu dieser freiwillig bleiben soll (S. 16), ein Verbandsklagerecht für Transverbände (S. 17), ein Entschädigungsfonds für „trans* Personen, deren Menschenrechte verletzt wurden“ (S. 17f) und eine Berücksichtigung von „Transition als Härtefall in Ausnahme- und Härtefallregelungen“, konkret einen längeren Bezug von Leistungen nach dem BAföG (S. 21f). Nicht jede dieser Forderungen wird in dem Gesetzentwurf der Grünen aufgegriffen. Er formuliert gewissermaßen den rechtspolitischen Kern des Forderungskatalogs, aus dem sich weiteres ableiten lässt.
Die Welt der Geschlechtervielfalt geht zu Lasten der Schwächeren
Das sind Sonderrechte. Solche Privilegien werden in allen Lebensbereichen gefordert, sogar im Strafvollzug. Nach Auffassung des Bundesverbands Trans* sollen „trans* Personen“ in denjenigen Einrichtungen untergebracht werden, „die am ehesten ihrem Identitätsgeschlecht entsprechen“. Damit hat man in Großbritannien schon Erfahrung:
Im Jahr 2018 sorgte der Fall einer 52-jährigen „Transfrau“ für Schlagzeilen, die sich aufgrund eben solcher Bestimmungen in ein Frauengefängnis überstellen ließ. Die betreffende Person war (unter anderem) wegen einer Vergewaltigung vorbestraft. Im Frauengefängnis trug er bzw. „sie“ Perücke und falsche Brüste und belästigte dort sexuell echte Frauen. Die neue Welt der Geschlechtervielfalt geht zu Lasten der Schwächeren. Leidtragende sind (neben Kindern und Familien) gerade Frauen, für deren Rechte Feministinnen so lange kämpften.
Dieser Beirag erschien zuerst auf www.i-daf.org.