Die zynische Gleichgültigkeit macht sprachlos. Wenn die Ärzte aus dem Umfeld der WPATH unter sich sind, sagen sie, was sie über ihre jungen Trans-Patienten wirklich denken. Die WPATH (World Professional Association for Transgender Health) gilt als die international mächtigste Organisation für „Transgender-Gesundheit“. Whistleblower hatten vergangenes Jahr große Mengen an interner Kommunikation zahlreicher WPATH-Mitglieder an amerikanische Journalisten durchgestochen. Die aufbereiteten Daten wurde Anfang März veröffentlicht.
Das WPATH-Leak hat vor allem im englischsprachigen Raum eine gewaltige Debatte ausgelöst. In Deutschland hält sich die Aufregung in Grenzen. Vielleicht weil es gerade sehr ungelegen kommt? Auch hierzulande orientieren sich viele Ärzte und Therapeuten an den Maßstäben der WPATH zu geschlechtsangleichenden medizinischen Eingriffen bei Kindern und Jugendlichen. Für die kürzlich erschienene S2k–Leitlinie zu Geschlechtsinkongruenz und -dysphorie im Kindes- und Jugendalter waren die internationalen Leitlinien der WPATH ebenfalls maßgebend.
Dass die WPATH eine reine Lobby-Organisation ist, störte dabei bisher nicht. Doch die neuen Erkenntnisse aus dem Leak sind mehr als ein Schönheitsfehler. Die Welt hat mit der Journalistin Mia Hughes, die an der Veröffentlichung der WPATH-Leaks maßgeblich beteiligt war, gesprochen: „Dies ist der Wilde Westen der Medizin“. Mia Hughes schildert ausführlich, was WPATH-Mitglieder antreibt, wie sie auf ihre jungen Patienten blicken und worüber sie im kleinen Kreis so reden:
Die Dateien zeigen, dass Patienten, die nur begrenzt oder gar nicht die Tragweite der Behandlungen abschätzen können, von diesen Ärzten auf einen lebensverändernden medizinischen Weg gebracht werden. Viele der Patienten, über die sich die Ärzte austauschen, wissen nicht, wie sich die invasiven Hormone und Operationen auf ihre Gesundheit und ihre Fruchtbarkeit auswirken.
Mia Hughes, Publizistin der WPATH-Files
Die Patienten werden zum OP-Tisch durchgeschleust
Die WPATH-Ärzte, berichtet Hughes, „improvisieren bei Behandlungen und experimentieren an ihren Patienten. Dabei beobachten sie vielfach schädliche Auswirkungen, kümmern sich aber nicht um die Folgen für die Patienten.“ Sie beschrieben, wie schwierig es sei, die Auswirkungen von Pubertätsblockern und geschlechtsangleichenden Hormonen Menschen zu erklären, „die nicht Biologie studiert haben“. Ein Endokrinologe soll den Dialog mit einem 13-jährigen Patienten über die Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit mit einem „Gespräch mit einer leeren Wand“ verglichen haben.
An anderer Stelle unterhalten sich WPATH-Ärzte über etwa 20 Jahre alte Patienten, die durch die Behandlung unfruchtbar geworden seien. Sie würden ihre Entscheidung nun bereuen, weil sie jemanden kennengelernt haben und nun doch über Familie nachdenken. Aus der Unterhaltung eines Endokrinologen mit anderen WPATH-Ärzten gehe hervor, wie er diesen jungen Menschen dann gerne sage: „Ach, ein Hund reicht Ihnen jetzt doch nicht mehr aus?“ Genau das hätten seine Patienten als Jugendliche nämlich behauptet – sie wollten keine Kinder, ein Hund reiche aus.
Andere Kommunikationsverläufe zeigen, dass aufkommende Zweifel einzelner Therapeuten – etwa darüber, ob schwer psychisch kranke Patienten die Folgen irreversibler Genitaloperationen realistisch einschätzen können – von anderen WPATH-Mitgliedern zerstreut werden. Eine Therapeutin rühmte sich damit, dass sie in 15 Jahren nur ein einziges Mal keine Überweisung für eine Operation ausgestellt habe – und zwar, weil sich der Patient in aktiver Psychose befand und während der Untersuchung halluzinierte. In aller Regel findet, so legen es die Schilderungen von Hughes nahe, ein Durchschleusen zum OP-Tisch statt. Ihrer Meinung nach werden Kinder als Versuchspersonen benutzt. Manche seien noch nicht einmal Teenager und bekommen trotz psychischer Auffälligkeiten Pubertätsblocker. Das seien „Experimente“ an Menschen.
WPATH setzt sich dafür ein, dass Jugendlichen als erste Behandlungsmöglichkeit Pubertätsblocker angeboten werden, ohne dass versucht wird, sie mit ihrem Geburtsgeschlecht in Einklang zu bringen und die Notwendigkeit lebenslanger medizinischer Interventionen zu vermeiden. Es gibt keine hochwertigen kontrollierten Studien, die belegen, dass diese Behandlung sicher und vorteilhaft ist, und jede systematische Überprüfung der bisherigen Erkenntnisse hat ergeben, dass die Behandlung experimentell ist.
Mia Hughes, Publizistin der WPATH-Files
Genau genommen könne man nicht einmal von Experimenten sprechen, so Hughes. „Denn dabei überwacht jemand die Ergebnisse und verfolgt sorgfältig, was aus den Teilnehmern geworden ist. Man vergleicht verschiedene Techniken miteinander, um zu sehen, welche am nützlichsten und am wenigsten schädlich ist. Bei nicht-binären Operationen tut niemand etwas in dieser Richtung. Dies ist der Wilde Westen der Medizin, wo es keine Regeln gibt. Es handelt sich um eine extreme Art der Körpermodifikation ohne Grenzen oder Vorsichtsmaßnahmen.“
Wer macht so etwas? Was sind das für Ärzte, die Pubertätsblocker als „Pausetaste“ verharmlosen und weltweit Selbstbestimmungsgesetze fordern. Hughes beschreibt die WPATH-Szene so: „Es handelt sich um eine politische Aktivistengruppe, die sich als professionelle medizinische Organisation tarnt.“ WPATH sei „eine seltsame, hybride Organisation“ die sich zusammensetze aus Chirurgen, Ärzten, Therapeuten, Menschenrechtsanwälten, Aktivisten und Menschen, die sich als Transgender identifizieren.
WPATH ist eine Gefahr für die Patienten
Ihre Ideologie: Der Zugang zu Hormonen und Operationen sei ein Menschenrecht. Sie würden jedem mit Argwohn begegnen, der die Meinung vertritt, dass körperliche Eingriffe mehr Schaden als Nutzen bringen könnten, erklärt Hughes die bornierte Sicht der WPATH. Manche ihrer Schilderungen erinnern an kultische Fanatiker: „Wegen der vielen Aktivisten in der Gruppe gibt es keine offene Debatte über Nebenwirkungen und schädlichen Auswirkungen dieser Verfahren. Das macht WPATH zu einer Gefahr für die Patienten.“
Die hormonellen und chirurgischen Eingriffe würden nicht überdacht und das Trauma und das Leiden der Betroffenen stattdessen bagatellisiert. „Mehr als einmal“, so Hughes, würden die Mitglieder den Patienten die Schuld für ihre spätere Reue geben. Die Präsidentin von WPATH, Marci Bowers, habe erklärt, dass „Patienten die Verantwortung für medizinische Entscheidungen übernehmen müssen“, insbesondere für solche, die „dauerhafte Auswirkungen“ hätten. Ein anderes Mitglied schreibt, dass „Individuen das Recht haben, ihre eigenen Fehler zu machen“.
Zur Erinnerung: Die Betroffenen sind Kinder und Jugendliche, die oftmals seelisch hochgradig instabil sind. Ärzte, wie jene aus dem WPATH-Umfeld, bestätigen deren selbst getroffenen Transgender-Diagnosen und ignorieren die verzweifelte Gesamtsituation, in der sie sich befinden. „Ich war schockiert über den großen Einfluss der Aktivisten in der Gruppe, für die es niemanden zu geben scheint, der für eine Transition ungeeignet ist“, sagt Hughes. „Ihr Wort scheint mehr Gewicht zu haben als das der Ärzte und Therapeuten, die Zweifel haben, ob sie irreversible hormonelle und chirurgische Eingriffe bei gefährdeten Patienten zulassen sollten.“
„Viele Detransitionierer“, warnt Hughes, „die später den Weg zurückgehen wollen, beschreiben, dass sie sich auf die medizinische Transition als Antwort auf all ihren Schmerz und ihr Leiden fixiert haben.“ Erst am Ende des Behandlungsweges würden sie entdecken, dass das Geschlecht gar nicht das Problem war. Doch leider sei es dann zu spät. Hughes bringt die Verfehlungen der WPATH so auf den Punkt: „Einem Heranwachsenden zu erlauben, seine künftige Gesundheit und Fruchtbarkeit für die vorübergehende Linderung von Leiden in der Gegenwart zu opfern, ist ein zutiefst falscher medizinischer Ansatz.“
Diese Kritik ist keine neue Erkenntnis, doch die WPATH ignoriert solche Einwände. Sie „rechtfertigt die Durchführung dieses rücksichtslosen medizinischen Experiments an verletzlichen Patienten, indem sie Hormone und Operationen als ‚lebensrettende‘ Behandlung darstellt“, erklärt Hughes. WPATH erwecke den Eindruck, dass ihre Patienten Selbstmord begehen werden, wenn sie nicht behandelt werden, aber es gebe keinen wissenschaftlichen Beweis für diese Behauptung.
Trotz fehlender wissenschaftlicher Studienlage würden die WPATH-Ärzte mit den schwerstmöglichen Eingriffen beginnen, anstatt den Grundsatz medizinischer Ethik zu berücksichtigen, keinen Schaden anzurichten, und mit der am wenigsten invasiven Behandlung zu beginnen. Die Mitglieder der WPATH „tun so, als ob ihre Patienten an Krebs sterben würden, und ignorieren die Möglichkeit einer Psychotherapie“, fasst Hughes die geleakten Gespräche zusammen. Ihr Ziel sei es nun, dass Gesundheitsbehörden auf der ganzen Welt den Bericht lesen und sich von dem ideologisch geprägten Ansatz der WPATH zur Gender-Medizin entfernen.