Der neue CSU-Vorsitzende Markus Söder hat einen eindeutigen Kurswechsel in der Familienpolitik vollzogen. Damit steht er im klaren Widerspruch zum Grundsatzprogramm seiner eigenen Partei.
Im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk (BR) vergangene Woche antwortete Söder auf die Frage, ob nun auch gleichgeschlechtliche Partnerschaften zum Familienleitbild der CSU gehören: „Wir sind offen für jede neue Familienform – aber ehrlich gesagt: Es muss sich auch keiner schämen, wenn er eine traditionelle Familie pflegt.“ Söder definiert damit die Familie nicht mehr über die Ehe. Im BR sagte er: „Das Leitbild der Familie heißt zunächst einmal: Verantwortung, wo Kinder sind“ und „Wir schließen niemanden aus. Wir sagen: Verantwortung für Kinder ist das, was Familie stark macht.“
Söder macht sich damit eine Definition von Familie zu eigen, die bisher nur von linker Seite vertreten und von CDU/CSU kritisiert wurde. In diesem Sinne heißt es auch im CSU-Grundsatzprogramm, die Ehe von Mann und Frau stehe „zurecht unter dem besonderen Schutz des Staates“ und man wende sich „gegen jegliche Relativierungsversuche“. Diese Position scheint nicht mehr zu gelten. Söder bringt seine Partei ohne jegliche Notwendigkeit auf einen neuen Kurs. Es stellt sich nun die wichtige Frage: Gibt es für Söder eine Grenze? Oder gilt seine Offenheit wirklich „für jede neue Familienform“? Damit auch für Polygamie, Inzest, Kinderehen etc.?
CSU: Keine Klage gegen „Ehe für Alle“
Bereits im März 2018 hatte sich die Bayerische Staatsregierung entschieden, keine Normenkontrollklage gegen die „Ehe für Alle“ einzureichen, zu der wir im November 2018 in einem Offenen Brief an Markus Söder erneut aufforderten. In der Antwort von Dr. Florian Herrmann, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, von Januar 2019 findet allerdings keine Auseinandersetzung mit unserer Argumentation statt. Der Staatsminister Herrmann wiederholt lediglich kurz die bereits bekannte Begründung für ihren Rückzug von der Normenkontrollklage. Abschließend betont Herrmann zwar: „Die Staatsregierung hält politisch an dem Leitbild der traditionellen Ehe als Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau fest. Sie ist die Grundlage für Familien, in denen Kinder bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen.“ Wenn die Staatsregierung jedoch nichts gegen die „Ehe für Alle“ unternimmt, ist diese Aussage eine Farce. Mehr noch: Sie steht im direkten Widerspruch zu Söders jüngster Äußerung und erscheint damit völlig bedeutungslos.
Vor wenigen Tagen warnte der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Ramsauer: „Die CSU darf nicht zu einem Billig-Abklatsch der Grünen werden.“ In der Familienpolitik schlägt der neue Parteivorsitzende jedoch genau diesen Kurs ein.