Die Corona-Pandemie stellt unser gewohntes Leben auf den Kopf: Home Office, Quarantäne, soziale Distanz etc. Plötzlich sind alle Familienmitglieder zuhause – 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Eine Situation, die man sonst nur aus den Sommer- oder Weihnachtsferien kennt. Mit einem entscheidenden Unterschied: Normalerweise müssten die Kinder jetzt Schulstoff pauken und für ihre Klausuren oder gar Abschlussprüfungen büffeln. Aber die Schulen sind dicht. Was also tun?
Wachsendes Interesse an Heimunterricht
In der Corona-Krise steigt auf einmal das Interesse an einem Konzept, das in Deutschland eigentlich keinen allzu guten Ruf genießt: Heimunterricht. Seit Anfang März nahmen in Deutschland und weltweit die Google-Suchen nach Begriffen wie „Homeschooling“, „Hausunterricht“ oder „Heimunterricht“ signifikant zu. Die ZEIT veröffentlicht „ein kleines Best-of-Homeschooling 1.0“, der Bayerische Rundfunk und das bayerische Kultusministerium stellen eine neue Mediathek „Schule daheim“ zur Verfügung und die FDP Brandenburg fordert „eine Bildungspflicht, die es ermöglicht, schulpflichtige Kinder ab sofort zu Hause zu unterrichten“.
Eine „Mamabloggerin“ gibt fünf Tipps, wie man den Heimunterricht strukturiert, abwechslungsreich und kreativ gestaltet (inklusive einem „familieninternen Buchclub“ und „familiären Musizieren“) und eine Unternehmerin und Mutter bietet einen umfangreichen Überblick über digitale Lernplattformen, mithilfe derer Eltern ihre Kinder daheim unterrichten können.
In Österreich, wo Heimunterricht generell erlaubt ist, erhalten Eltern sogar vom Bildungsministerium zahlreiche Empfehlungen für Unterrichtsmaterialien und Lernportale.
Nicht nur in der Krise: Heimunterricht bietet viele Vorteile
Zwar haben Eltern aktuell kaum eine andere Wahl, als ihre Kinder zuhause zu unterrichten, denn die Schulschließungen sind, wie Stefanie Hubig, Präsidentin der Kultusministerkonferenz, sagt, „keine vorgezogenen Osterferien, sondern weiterhin Schulzeit, in der alternative Lernangebote zur Verfügung gestellt werden“.
Jedoch bietet die Corona-Krise unserer Gesellschaft eine neue Perspektive auf den Unterricht von Kindern und Jugendlichen. Die deutsche Politik sollte Heimunterricht eine Chance geben und die Schulpflicht auf Dauer in eine Bildungspflicht umwandeln, wie es in den meisten unserer Nachbarländer i.Ü. absolut üblich ist. Damit würde der Unterricht nicht nur in etwaigen zukünftigen Krisen aufrechterhalten, sondern auch die vielen weiteren positiven Aspekte von Heimunterricht könnten genutzt werden: Maximale individuelle Betreuung des einzelnen Kindes, abwechslungsreiche und innovative Lernmethoden, Vertiefung der Eltern-Kind-Beziehung, Stärkung des familiären Miteinanders und der sozialen Kompetenzen durch generationenübergreifendes Lernen.
Zudem legen mehrere Studien aus den USA und Australien nahe, dass Kinder, die zuhause unterrichtet werden, durchschnittlich bessere Ergebnisse in Leistungstests, bessere Noten und höhere weiterführenden Abschlüsse erlangen sowie sich mehr ehrenamtlich engagieren. Nicht zuletzt ist die Möglichkeit des Heimunterrichts ein Zeichen für echte Wahlfreiheit für Familien.
Eine wichtige Lehre aus der Corona-Krise kann also bereits jetzt gezogen werden: Heimunterricht ist machbar und bietet viele Vorteile. Wird die deutsche Politik daher dem Vorbild der meisten europäischen Nachbarn folgen und Heimunterricht zulassen?