Behörden gehen auf Distanz zum Buch »Sexualpädagogik der Vielfalt«, Eltern wehren sich, Experten warnen. Kommt Bewegung in die Debatte um schamverletzende Unterrichtsmethoden?
Gegen schamverletzende Unterrichtsmethoden schwillt der Widerstand immer weiter an. Das geht aus einem Artikel von Jörg Isringhaus in der Rheinischen Post (RP) hervor. Insbesondere das als Standardwerk apostrophierte Buch »Sexualpädagogik der Vielfalt«, das für den Praxiseinsatz von »Sexualpädagogen« konzipiert ist, gerät zunehmend in die Kritik. Hier sind praktische Übungen versammelt, mit denen schon 12-Jährige zu Sex-Spielen animiert werden sollen.
Behörden gehen inzwischen auf Distanz. Die Hamburger Schulverwaltung hat das Buch, das von Elisabeth Tuider und anderen verfasst worden ist, von ihrer Empfehlungsliste für Lehrer gestrichen. »Wir sind der Meinung, dass große Teile für den Unterricht nicht geeignet sind«, heißt es. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung plädiert für Einbeziehung der Eltern in den Sexualkundeunterricht. Sie meint über die in dem Buch vorgeschlagenen Übungen: »Für die Schule kommen solche Methoden nicht in Betracht.«
Auch aus der Zivilgesellschaft werden die ablehnenden Stimmen lauter. Die Vorsitzende des Elternvereins Nordrhein-Westfalen Regine Schwarzhoff beklagt, dass Eltern, die ihre Kinder schulfremden Sexualpädagogen nicht ausliefern wollen, diffamiert werden. »Das Informationsrecht der Eltern funktioniert nur auf dem Papier«, moniert sie. Der »Sexualpädagogik der Vielfalt« unterstellt sie: »Unter dem Mäntelchen der Vielfalt werden dort Übergriffigkeiten gerechtfertigt.«
Die Gynäkologin Cordula Layer von der Ärztlichen Gesellschaft zur Gesundheitsförderung (ÄGGF) macht Sexualaufklärung an Schulen. Sie kennt die Probleme, die Kinder und Jugendliche mit dem Thema haben, aus nächster Nähe. Sie sieht aber auch die Verwüstungen, die Sexualpädagogen neuen Typs anrichten: »Wir müssen häufig vieles geraderücken«. Vor diesem Hintergrund ist das Fazit von RP-Autor Isringhaus allzu plausibel: »Es ist wohl dieser in unserer übersexualisierten Zeit wenig achtsame und ernüchternde Umgang mit Sexualität, der die Sexualpädagogik derzeit so in Misskredit bringt.«