Der Nebel hat sich gelichtet. Nach monatelanger Prüfung durch zwei Verfassungsrechtler hat die Bayerische Staatsregierung jetzt bekanntgegeben, daß sie auf eine Normenkontrollklage gegen das Ehe-Öffnungsgesetz verzichtet! Auffälligerweise stammen beide Rechtsgutachten bereits vom 22. Januar 2018.
Aber erst jetzt – nachdem Neuwahlen nicht mehr zu befürchten und die CSU sich im GroKo-Deal maximale Minister- und Staatssekretärposten gesichert hat – glaubt man offenbar in München, die letzte realistische Hoffnung vieler Unionswähler auf Rückabwicklung der Homo-„Ehe“ enttäuschen zu können. Ob die C-Getreuen den endgültigen Ehe-Verrat bis zur bayerischen Landtagswahl Anfang Oktober vergeben und vergessen haben werden? Lesen Sie dazu einen Kurzkommentar von Hedwig von Beverfoerde in der Tagespost.de.
Die bayerische Regierung begründet ihren Rückzieher von der Normenkontrolle offiziell damit, daß „nach einer Gesamtabwägung [der beiden Gutachten] die Erfolgsaussichten einer Normenkontrollklage als gering anzusehen“ seien. „Gewichtige Gründe“ sprächen „für die Verfassungsmäßigkeit des „Ehe für alle“-Gesetzes und somit gegen eine Klageerhebung“. Bei näherer Betrachtung der Rechtsgutachten bleibt jedoch evident, daß das überfallartig beschlossenen Ehe-Öffnungsgesetz verfassungswidrig ist. Das ergibt sich auch sehr klar aus den zusammenfassenden Thesen des Hauptgutachters Prof. Dr. Ferdinand Wollenschläger. Dort schreibt er zum Schluß verklausuliert, daß man auch zum gegenteiligen Ergebnis hätte kommen können (wenn man es denn gewollt hätte): „Es liegt auf der Hand, dass eine stärkere Gewichtung des historischen Arguments sowie der Änderungsresistenz von Institutsgarantien und eine Akzentuierung der nach wie vor signifikanten Unterschiede im Angelegtsein auf Nachwuchs zum gegenteiligen Ergebnis führte.“
Am Ende dürfte der wahre Grund für die gutachterlich konstatierte mangelnde Erfolgsaussicht einer Klage nicht in der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sondern in der Richter-Besetzung des Bundesverfassungsgerichts bestehen. Dies wurde mir in einem vertraulichen Gespräch aus CSU-Kreisen schon vor Monaten angedeutet. Denn zwischen progressistischer und eher konservativer politischer Ausrichtung der Richter im Ersten Senat des BVerfG, der für das Ehe-Thema zuständig wäre, besteht ein Verhältnis von 5:3. Dies hatte zuletzt auch Prof. Jörg Benedict in seinem brillanten Vortrag auf unserem Symposium zur Ehe-Öffnung so treffend dargelegt. Recht haben und Recht bekommen sind bekanntlich zweierlei. Aber die Flinte von vornherein ins Korn zu werfen, bedeutet bei einem so folgenschweren Gesetz einen politischen Offenbarungseid.