In seiner juristischen Stellungnahme zu den Gesetzesentwürfen zur Aufnahme von „Kinderrechten“ ins Grundgesetz von 2013 stellte der Staatsrechtler Prof. Dr. Bernd Grzeszick fest: „Auf der Ebene der Verfassung bestehen deshalb keine grundsätzlichen Schutzlücken; eine Verfassungsänderung ist nicht geboten.“
Die Große Koalition möchte bis Ende 2019 einen ersten Entwurf für die Aufnahme von „Kinderrechten“ ins Grundgesetz vorlegen. Dies ist nicht der erste Versuch. In den vergangenen Jahren haben zahlreiche renommierte Rechtswissenschaftler Stellungnahmen und Gutachten zu dieser Frage verfasst, die wir hier in unregelmäßigen Abständen erneut veröffentlichen und in die aktuelle Debatte einbringen möchten.
Prof. Dr. Bernd Grzeszick ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Internationales Öffentliches Recht, Allgemeine Staatslehre und Rechtsphilosophie an der Universität Heidelberg und veröffentlichte im Rahmen der Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags am 26. Juni 2013 eine Stellungnahme. In dem sechsseitigen Dokument stellt Prof. Grzeszick nicht nur fest, dass es für Kinder im Grundgesetz keine „grundsätzlichen Schutzlücken“ gebe und somit eine Verfassungsänderung „nicht geboten“ sei (Seite 4). Er beschreibt zudem die drohenden Folgen für die Struktur des Grundgesetzes (Seite 4):
Die Einführung von Kinderrechten im Grundgesetz ist darüber hinaus auch grundrechtspolitisch problematisch, denn sie spaltet den einheitlich konzipierten Grundrechtsschutz, gefährdet damit dessen System und provoziert die Frage nach eigenen Grundrechten für weitere Personengruppen, denen eine besondere Schutzbedürftigkeit konstatiert werden kann, z.B. Kranke, Alte, Behinderte, Ausländer, Mitglieder religiöser Minderheiten etc.
Entscheidend ist aber vor allem die Warnung des Heidelberger Juristen vor den Gefahren für das Elternrecht (Seite 3):
Selbst falls bzw. soweit die Einführung von Kinderrechten in die Verfassung die Rechtsstellung von Kindern im Ergebnis aufwertet, ist zweifelhaft, ob damit das Ziel – die Stärkung des Schutzes des Kindeswohls – verwirklicht wird, denn zusätzliche Kinderrechte, die den Kindern gegenüber ihren Eltern zustehen, müssen im Streitfall von den staatlichen Organen geltend gemacht werden, und würden daher im Fall ihres Wirkens die Kinder in Distanz zu ihren Eltern bringen.
Er schließt seine Ausführungen mit der eindeutigen Aussage (Seite 5):
Aus den vorstehenden Gründen lautet daher die Empfehlung, die vorgeschlagenen Änderungen des Grundgesetzes abzulehnen.
Die gesamte Stellungnahme von Prof. Dr. Bernd Grzeszick kann man hier lesen.