Immer wieder veröffentlichte pro familia Beiträge, die Pädophilie verharmlosen und sogar verteidigen. Eine umfassende Recherche des Tagesspiegel vor einigen Jahren brachte pikante Details ans Licht. Eine klare Distanzierung von ihren Pädoverstrickungen fällt pro familia bis heute schwer.
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Viele pädofreundliche Artikel im pro familia-Magazin
»Schon das Kleinkind hat sexuelle Bedürfnisse. Es will sie befriedigen. Die Sexualität des Kleinkinds drückt sich u.a. im Spielen mit den eigenen Genitalien, im Versuch, mit den Genitalien der Geschwister und Eltern zu spielen, und ganz allgemein im Schmusen aus. Was schockiert Sie an dem folgenden Protokoll, das die ‚Kommune II‘ 1969 publizierte?: „Abends, beide Kinder liegen im Bett. Ich streichele Nessim [ein 4-jähriger Junge], streichele dabei auch seinen Penis. Grischa [3-jähriges Mädchen]: ‚Ich will auch einen Penis haben.‘ (…) Ich versuche ihr zu sagen, dass sie doch eine Vagina habe, die man streicheln könne.“ (…) Soll man Sexualspiele der Kinder nur dulden oder soll man sie ausdrücklich bejahen? Man sollte sie ausdrücklich bejahen.«
So kommentierte 1973 Elisabeth Dessai das Protokoll von Eike Hemmer, einem der Gründer der Kommune II, in dem u.a. sexuelle Handlungen zwischen Kindern sowie Kindern und Erwachsenen dokumentiert wurden. Der Kommentar von Dessai wurde 1978 in verkürzter Form auch im „Kinderspiegel“ gedruckt, einer „Erziehungshilfe“ der pro familia. Dieser und andere Texte im „Kinderspiegel“ sollten zeigen, dass sexuelle Aktivitäten im Kindesalter normal, gut und förderlich seien – offensichtlich auch mit Erwachsenen.
Gestört hat sich damals daran niemand. Auch in der Folgezeit nicht, als im Verbandsmagazin von pro familia immer wieder pädofreundliche Artikel veröffentlicht wurden. Mehrere zentrale Mitstreiter von pro familia, wie Wolf Vogel, Norbert Lammertz, Helmut Kentler und Rüdiger Lautmann, waren zudem Mitglieder im Kuratorium der Arbeitsgemeinschaft Humane Sexualität (AHS), die über Jahrzehnte die Legalisierung „einvernehmlicher“ sexueller Kontakte zwischen Kindern und Erwachsenen forderte. Man war der Überzeugung, dass solche erotische Beziehungen für das Kind nicht unweigerlich schädigend seien, sondern vielmehr dem Selbstbestimmungsrecht der Kinder entsprechen würden.
Schwache Distanzierungen von pro familia
Doch erst 2013 wurden in einer Reportage im Tagesspiegel Namen und Daten veröffentlicht und eine Debatte über diese furchtbaren Grenzüberschreitungen angestoßen. Pro familia wies die Vorwürfe des Artikels in einer ersten Stellungnahme zunächst von sich und gab vor „die eindeutige Verurteilung des sexuellen Missbrauchs nie in Frage gestellt, keine pädophilie-freundliche Position eingenommen, sondern wissenschaftliche Diskurse dokumentiert“ zu haben. Drei Tage später räumte pro familia in einer weiteren Stellungnahme ein, einzelne Autoren hätten “ohne Zweifel Positionen (vertreten), die aus heutiger Sicht völlig unvertretbar sowie verharmlosend sind und die Verletzungen der Opfer ignorieren“, ganz so als wäre Pädophilie nicht auch schon in den 70er Jahren eine Straftat und deren Verwerflichkeit gesellschaftlicher Konsens gewesen.
Die Reportage fand große Verbreitung und rief viele Reaktionen anderer Zeitungen hervor, sodass pro familia sich dazu genötigt sah, eine Studie zur Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit beim Forschungsinstitut Camino in Auftrag zu geben. Pro familia begrüßte die 2016 veröffentlichte Studie, die den Bundesvorstand angeblich von allen Beschuldigungen befreit habe. Dabei belegt bereits ein kurzer Blick in die Studie, dass davon nicht die Rede sein kann. Das Bundespräsidium und der Bundesvorstand bekamen demnach mehrmals Hinweise auf pädofreundliche Veröffentlichungen im Magazin sowie auch harte Kritik von Lesern, ohne dass sich jemals jemand davon distanziert hätte. Im Gegenteil, wie etwa der Fall vom „Kinderspiegel“ zeigt: Als die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie 1978 die Broschüre einer gründlichen wissenschaftlichen Kritik unterzog, antwortete das Präsidium mit der Stellungnahme des Psychoanalytikers Horst Petri, der die Methoden der Kommune II explizit als Beispiel gelungener Sexualpädagogik lobte.
Verharmlosung pädosexueller Verbrechen
1985 schrieb der stellvertretende Vorsitzende des pro familia-Landesverbands NRW, Norbert Lammertz, einen Artikel, in dem er von Pädophilie als einem „Verbrechen ohne Opfer” schrieb, ein in pädophilen Kreisen oft wiederholtes Argument. In seinem Artikel „Vom Elend einer ‘verbotenen Liebe’” (1987) behauptete der Psychologe und Pädagoge Wolf Vogel, viele pädophile Beziehungen seien für die Kinder harmlos verlaufen, solange die Eltern nicht einschritten. Das Kind leide “besonders dann unter erheblichen Schuldgefühlen, wenn es offensichtlich Freude am sexuellen Kontakt hatte”, dies aber von der Umgebung nicht akzeptiert würde. Es würde eine “wirkliche Bedrohung (…) darstellen”, wenn das Kind seine „Zuneigung, Zärtlichkeit, Vertrauen”, die es in der pädophilen Beziehung erlebe, vor der Welt verstecken müsste. Die Wissenschaft solle sich daher weiteren Recherchen widmen, wie zum Beispiel der Frage, ob es „inzestuöse Beziehungen” gebe, „die offenbar schadensfrei verlaufen sind”.
Ohne Frage kamen auch Kritiker von Pädophilie im Magazin von pro familia zu Wort, u.a. Alice Schwarzer, die Pädophilie auf das schärfste verurteilte. Dies kann allerdings kaum darüber hinwegtäuschen, dass das Magazin von pro familia über Jahrzehnte erschreckend offen für pädofreundliche Sichtweisen war und der unverhohlenen Verteidigung von Pädophilie als prominiente Plattform gedient hat. Nicht wenige pädophile Verbrecher dürfte diese verharmlosende Grundstimmung in ihren Taten bestärkt, eine doppelte Grausamkeit gegen die zahllosen Opfer.