Minderheitenwünsche über Kindeswohl?

Die Bundesregierung hat Anfang des Jahres ein Eckpunktepapier für eine Reform des Abstammungsrechts vorgelegt. Dabei sollen scheinbar die bisher tragenden Grundsätze des Abstammungsrechts beibehalten werden. Tatsächlich wird in dem Regierungspapier ein Paradigmenwechsel angestrebt, wie die Rechtsprofessorin Dr. Judith Froese in ihrem FAZ-Beitrag vom 8. 2. 2024 in schlüssiger Argumentation darlegt. Von Hubert Hecker.

Das bisher gültige Abstammungsrecht basiert auf dem naturrechtlichen Grundsatz, dass die leibliche Abstammung der maßgebende Bezugspunkt bei der rechtlichen Elternstellung sein soll. In diesem Sinne regelt das BGB im Paragraf 1591 z.B.: „Mutter eines Kindes ist (allein) die Frau, die es geboren hat.“ Damit ist allen LSBQ-Bestrebungen, den Rechtsstatus einer Zweit-Mutter oder Mitmutterschaft einzuführen, vorerst ein Riegel vorgeschoben.

Auch bei der Vaterschaft soll die Zuordnung möglichst mit der leiblichen Abstammung übereinstimmen. In der Regel bildet die Ehe der Mutter mit einem Mann die tatsächlich-biologische Abstammung ab und wird somit als primärerer Anerkennungsgrund für die rechtliche Vaterschaftsstellung akzeptiert. Im Zweifelsfall kann auch durch familiengerichtliche Feststellung nach einem genetischen Abstammungsgutachten die rechtliche Vaterschaft zugeordnet werden.

Wenn die gebärende Frau nicht verheiratet ist, kann die Vaterschaftszuordnung – drittens – auch durch einfache Anerkennung des Mannes geschehen, mit dem die Mutter zusammenlebt. Mit dieser Regelung im Sinne einer einfachen und frühzeitigen Zuordnung der Vaterschaft nimmt die Gesetzgebung die „sozial-familiäre Bindung“ als weiteren Bezugspunkt für die rechtliche Vaterschaftsbestimmung an, auch wenn sie damit in Kauf nimmt, dass rechtliche Vaterschaft und leibliche Abstammung nicht mehr in jedem Fall übereinstimmen.

Durch die sogenannten „neuen Familienkonstellationen“, insbesondere Patchworkfamilien aus Scheidungsehen sowie gleichgeschlechtliche Ehen wird die rechtliche Architektur des Abstammungsrechts in Widersprüche verwickelt. So ist es etwa bei einer bestehenden sozial-familiären Beziehung zwischen einem Kind und dem rechtlichen Vater, der nicht leiblicher Vater des Kindes ist, dem leiblichen Vater nicht möglich, die Vaterschaft des biologisch kindfremden Mannes anzufechten.

Bei einer gleichgeschlechtlichen Ehe zwischen zwei Männern, in der ein Mann der biologische Vater eines Kindes ist, wird der andere Mann kraft Ehe automatisch das zweite rechtliche Elternteil. Mit der Regelung „rechtliche Vaterschaft kraft Ehe“, die in einer normalen Ehe zwischen Mann und Frau/Mutter die leibliche Abstammung abbildet, führt in einer „Ehe“ zwischen zwei Männern automatisch zum Gegenteil des bisher gültigen Rechtsgrundsatzes, nach dem die leibliche Abstammung der maßgebende Bezugspunkt bei der rechtlichen Elternstellung sein soll.

Wenn in einer gleichgeschlechtlichen „Ehe“ zwischen zwei Frauen eine der beiden per Insemination ein Kind zur Welt bringt, kann dagegen die zweite Frau weder in direkter noch in analoger Anwendung der gesetzlichen Regelung „Vaterschaft kraft Ehe“ Elternteil des Kindes werden, so der Bundesgerichtshof 2018. Sie kann auch keine Mit-Mutterschaft beanspruchen, weil Mutter eben nur die eine Frau ist, die das Kind geboren hat (siehe oben).

Solche Widersprüchlichkeiten resultieren aus der gesetzlichen Anerkennung von homosexuellen Partnerschaften als „Ehen“. Die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe war in sich schon ein willkürlicher Akt, der die Grundsätze des Naturrechts missachtete. Denn von Natur aus kann eine Ehe nur zwischen Mann und Frau geschlossen werden. Das ist darin begründet, dass nur aus einer normalen Ehe auf natürliche Weise Kinder erwachsen, deren Kindeswohl in ihrer familiären Sozialisation mit ihren leiblichen gegengeschlechtlichen Eltern, Vater und Mutter am besten gewährleistet ist.

Die fatalen Folgen des willkürlichen Gesetzeskonstrukts von homosexuellen „Ehen“ zeigen sich bei der Einfügung in das Abstammungsrecht mit einem weiteren Abrücken vom Grundsatz der Übereinstimmung von leiblicher und rechtlicher Abstammung, wie oben gezeigt. Das Bundesverfassungsgericht mahnt aber den Gesetzgeber, das berechtigte Anliegen zu beachten, „Kindern ihre biologischen Eltern auch rechtlich so zuzuweisen, dass ihre Abstammung nicht im Widerspruch zu ihrer biologischen Zeugung auf zwei rechtliche Mütter oder Väter zurückgeführt wird.“

Die Bundesregierung unter Federführung des FDP-dominierten Justizministeriums schlägt dagegen diese Mahnung des Verfassungsgerichts in den Wind und will mit dem vorgelegten Eckpunktepapier noch weiter von den tragenden Grundsätzen des Abstammungsrechts abrücken.

Im Mittelpunkt der geplanten Neuerung steht die Einführung sogenannter Elternschaftsvereinbarungen. Damit kann durch beurkundete Vereinbarungen schon vor der Zeugung bestimmt werden, wer als zweiter Elternteil des Kindes eingesetzt wird. Das kann ein Mann oder eine Frau sein, der leibliche Vater oder jede andere beliebige Person. Damit wäre „die zweite Elternstelle sowohl unabhängig von der leiblichen Abstammung als auch losgelöst von sozial-familiären Bindungen zu bestimmen“, stellt Judith Froese fest.

Mit dieser Regelung wäre ein grundlegender Paradigmenwechsel eingeleitet: „Maßgebend wären weder die biologische noch die soziale Wirklichkeit, sondern allein der erklärte Wunsch, Eltern zu werden. Der Staat überließe es Privaten, über das Abstammungsverhältnis eines Kindes zu disponieren.“

„Aber darf die Zuordnung der rechtlichen Elternrolle tatsächlich vorrangig der privatautonomen Vereinbarung der Beteiligten unterliegen? Gleichsam als Vertrag über – und je nach Sichtweise: zugunsten oder zulasten – eines erst noch zu zeugenden Dritten?“

Die geplante Neuerung der Ampelkoalition bedeutet ein radikaler Bruch mit den bisherigen familienrechtlichen Prinzipien. Die Grundsätze des Abstammungsrechts in Form der Bezüge auf die leibliche Abstammung und die sozial-familiären Bindungen würden damit aufgehoben.

„An die Stelle dieser (objektiven) Wirklichkeit träte der bloße (subjektive) Wunsch, Eltern zu werden. Und das in einer Angelegenheit, die wie keine andere Rechte und fremdnützige Rechte miteinander verbindet.“ Die Rechtsprofessorin Froese beschließt ihre Ausführungen mit dem Appell: „Nicht Wünsche oder Vereinbarungen, sondern das Kindeswohl muss die maßgebliche Richtschnur bei einer Reform des Abstammungsrechts bilden.“

Ein weiterer gefährlichen Neuansatz in dem Eckpunktepapier des Justizministeriums besteht in der Ausweitung des „kleinen Sorgerechts“. Zukünftig sollen neben den Eltern bis zu zwei weitere nicht-verwandte Personen elternrechtliche Befugnisse ausüben können. So würden schließlich vier Personen, von den drei verwandtschaftlich kindfremd sein können, Sorgerecht über Kinder haben. Diese geplante Regelung ist ein verkappter Einstieg in eine beliebige Mehrelternschaft, deren Benennung aber vorerst noch vermieden wird.

Die Ampelregierung ist außerdem aktiv bei der Vorbereitungsarbeit, nach Vorgabe des Koalitionsvertrags die Einführung der Leihmutterschaft zu prüfen. Damit kommt sie den Wünschen von homosexuellen Männerpaaren nach, die nur über den Kauf von Mutterschaft an ein Kind herankommen können. Mit der Einführung von Leihmutterschaft und unter Einbezug des kleinen Sorgerechts würde ein familienpolitische Schreckensszenario am Horizont erscheinen: „Denkbar wären dann zum Beispiel vier Männer, die sich künftig zu Sorgeberechtigten eines Kindes erklären, ohne mit ihm in irgendeiner Weise verwandt zu sein. Damit entstünde ein ideales Einfallstor für Kinderhändler und Pädokriminelle, die nun legal per Adoption, Ausweitung des Sorgerechts oder Leihmutterschaft an beliebig viele Kinder kommen könnten.“ Das schrieb Hedwig von Beverfoerde in ihrem jüngsten Rundbrief der Organisation ‚Demo für alle‘. Weitere Informationen, Erklär-Videos, Flyer und Aktionsvorschläge zum Aufhalten der familienpolitischen Vorhaben der Ampelkoalition unter www.DemofuerAlle.de/Abstammung.

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