Sexualaufklärung in der Schule: Ein erschreckender Erfahrungsbericht

Immer wieder berichten Eltern der DemoFürAlle von übergriffigen Inhalten in der schulischen Sexualaufklärung ihrer Kinder – nun wollten wir auch die Perspektive der Schüler kennenlernen und haben dafür mit dem 20jährigen Theodor gesprochen. Theodor besuchte ein sächsisches Gymnasium und berichtet in dem Gespräch über seine persönliche Erfahrung mit schulischer Sexualaufklärung.

Wann hattest du das erste Mal Sexualaufklärung in der Schule? Was wurde besprochen?

Ich kann mich noch sehr gut an zwei Episoden aus dem Sachkundeunterricht erinnern. Es muss in der dritten oder vierten Klasse gewesen sein, als es das erste Mal um Sexualität gehen sollte. Unsere Klassenlehrerin begann den Unterricht mit folgenden Worten: „Wir fangen heute mit einem Thema an, das die normalste Sache auf der Welt ist. Ich möchte also nicht, dass jemand von euch lacht oder irgendwelche Witze macht.“

Innerhalb dieses Unterrichtsabschnittes schauten wir auch einen Film zu dem Thema, der zum großen Teil animiert war und zum Beispiel erklärte, wie die Samen einen „Wettlauf“ zur Eizelle zurücklegen. Der Film endete mit einem Theaterstück. Ich hatte damals den Eindruck, dass es von Kindern in unserem Alter gespielt wurde. Ich hoffe aber, dass sie älter waren: Zwei der Kinder verschwanden unter einer Decke, dann flogen Unterhosen und BH nach draußen. Alles andere konnten wir uns ja dann denken… Wir fanden das damals sehr eklig und komisch.

Welche Rolle spielte das Thema in den folgenden Jahren?

Im Gymnasium war Sexualkunde in Biologie zwar erst wieder in der achten Klasse dran, das Biologie-Buch mit seitenfüllenden Abbildungen nackter Jugendlicher hatten wir aber bereits in Klasse sieben. In diesem Zeitraum wurde über das Smartphone einer Klassenkameradin auch der erste Porno in der Klasse gezeigt. Im Unterricht in der achten Klasse wurden wir durch Texte und Filme im Unterricht zu Masturbation und Geschlechtsverkehr ermutigt. Daraufhin fingen Klassenkameraden an, in den Pausen von ihren Erfahrungen mit ihren Freundinnen zu erzählen und damit anzugeben. Heute ist mir klar, dass ein großer Teil davon sicherlich gelogen war.

Welche Wirkung hatte diese frühe und explizite Beschäftigung mit Sexualität auf dich?

Bei mir zu Hause wurden Werte wie Treue, echte Liebe und traditionelle Familie vertreten und dazu wollte ich auch stehen und danach leben. Gleichzeitig bekam ich aber in der Schule besonders durch meine Klassenkameraden, aber eben auch im Unterricht beigebracht, dass Sex völlig normal und ok und zum Spaß haben da sei. Dass „es“ einfach alle machen und dass man Befriedigung braucht. Ich hatte das Gefühl, dass meine Überzeugung mir den Spaß verderben will. Schließlich habe ich mich bewusst entschieden, mit Masturbation anzufangen – entgegen meiner Überzeugung, die ich nach wie vor hatte. Um mich „anzuheizen“, habe ich mein Biologie-Buch verwendet, bald auch die Unterwäschewerbung in Broschüren. Und als das irgendwann „langweilig“ wurde, bin ich immer mehr und tiefer in den Konsum von Pornographie im Internet abgerutscht.

Ich wollte nichts davon tun, aber nachdem ich einmal damit angefangen hatte, konnte ich nicht mehr aufhören. Das ging so weit, dass ich schließlich nicht mehr einschlafen konnte, ohne einige Stunden Pornographie angeschaut zu haben. Kurz vor dem Abitur habe ich mir dann Hilfe gesucht und bin mehr oder weniger von einem Tag auf den anderen frei geworden – Gott sei Lob und Dank dafür! Bis ich mit Masturbation aufhören konnte, hat es aber noch etwa zwei Jahre gedauert. Es war für mich wirklich wie eine Gefangenschaft, wie eine Sucht.

Du hast davon gesprochen, dass ihr im Unterricht zu Geschlechtsverkehr usw. „ermutigt“ worden seid? Wie muss man sich das vorstellen? Erinnerst Du Dich an etwas Spezielles?

Zu einem Projekttag in der achten oder neunten Klasse war eine Frau von der Caritas eingeladen. Darauf, dass wir wahrscheinlich ein Kondom über ein Modell ziehen müssen, hatten meine Eltern mich schon vorbereitet. Sie hatten im Vorfeld mit anderen Eltern geredet, deren Tochter unter dem Gelächter der ganzen Klasse dazu gezwungen wurde, obwohl sie es nicht wollte. Bei uns war es „freiwillig“: „Wer von euch ist mutig? Na los, traut euch!“ Die „Machos“ in der Klasse mussten natürlich alle ihren „Mut“ beweisen. Alle anderen waren also nicht mutig.

Was mich am meisten entsetzte, waren die Rollenspiele, die wir in Kleingruppen gestalten mussten. Da gab es zum Beispiel die Themen „Eltern wollen verbieten, mit dem Freund/der Freundin in den Urlaub zu fahren“ und „Beim Pornos schauen erwischt werden“. Das letztere Rollenspiel endete damit, dass ein Schüler vor einer an die Tafel gezeichneten Sex-Szene saß und der „Vater“ sagte: „Ach, der Porno ist gut, den haben wir früher auch angeschaut. Mach ruhig weiter.“ Dann Applaus. Wir waren alle minderjährig! Meine Gruppe musste einen „Kondomeinkauf in der Apotheke“ nachspielen. Glücklicherweise hatte ich einen Klassenkameraden, der meiner Meinung war, sodass unser Theaterstück aus meiner Sicht richtig gut wurde. Ich fürchte aber, die Betreuerin hat nicht verstanden, dass wir mit unserem Rollenspiel sagen wollten, dass wir eigentlich noch zu jung für Geschlechtsverkehr sind.

Zum Abschluss dieser Übung fasste sie alle Theaterstücke zu einer zusammenhängenden Geschichte. Dabei sagte sie unter anderem, dass sie hoffe, dass ich meine Kondome doch noch besorgen könne und ich dann mit dem Mädchen, die in einem der anderen Rollenspiele den Urlaub mit ihrem Freund verboten bekommen hatte, doch noch einen Weg finden würde, den Urlaub zu machen.

Wie würdest Du Deine schulische Sexualaufklärung rückblickend beurteilen?

Der Sexualkundeunterricht war für mich jedes Mal verstörend und viel zu zeitig. Er hat mir geschadet und war gegen die Überzeugungen meiner Eltern. Es ging in keinster Weise darum, einen verantwortlichen Umgang mit Sexualität zu fördern – dies wurde ganz im Gegenteil absolut behindert. Meine Emotionen wurden noch mehr durcheinandergeworfen, was schließlich dazu geführt hat, dass ich mit mir selber uneins war und fast angefangen habe, mich selbst zu hassen. Immer wieder wurde ich durch den Sexualkundeunterricht dazu ermutigt, Dinge zu tun, die in meinen Augen falsch sind. Damit möchte ich aber nicht meine eigene Verantwortung für mein Verhalten einfach nur darauf abwälzen. Er hat meine Beziehung zu meinen Eltern und zu Frauen im Allgemeinen massiv und nachhaltig gestört. Ich finde es ein sehr großes Geschenk, dass ich auf diesem Gebiet Heilung erfahren durfte!

Wie sollte Sexualaufklärung in der Schule Deiner Meinung nach aussehen bzw. was sollte sie beinhalten und was nicht?

Ich finde es falsch, Kinder zu Masturbation, dem Schauen von Pornographie und zu Sex zu ermuntern. Ich finde es auch falsch, die Aufklärung in dieser Weise durch Personen durchführen zu lassen, die kein Vertrauensverhältnis zu den Kindern haben. Meiner Meinung nach fällt das in den Aufgabenbereich der Eltern. Eine angemessene Behandlung der naturwissenschaftlichen Zusammenhänge im Biologieunterricht sollte natürlich erfolgen – so habe ich das allerdings nie erlebt, die Biologie war immer von ideologischen Ansichten durchsetzt.

Vielen Dank, Theodor, für das informative Gespräch.