SPD fordert das Ende des Ehegattensplittings

Deutschland muss sparen, und die SPD weiß auch schon wo. Sie will das Ehegattensplitting abschaffen. Mal wieder. Um das angeblich „völlig überholte Rollenbild“ einer Familie mit einem Ehemann als Haupt- oder Alleinverdiener zu bekämpfen, soll der Ausgleich in der Besteuerungen von Ehepaaren weg. Seit den 1970ern ist das die SPD-Agenda und die Union hielt Jahrzehnte dagegen. Angesichts der gravierenden Haushaltsnöte und der zerstrittenen Lage in der jüngsten Neuauflage der GroKo stellt sich die Frage, wie lange noch.

Kaum einer der vielen Vorschläge zur Sozialreform legt die ideologische Motivation dahinter so offen, wie die vehemente Forderung, den „negativen Erwerbsanreiz für Frauen“ zu beenden. Das Ehegattensplitting ist linken Parteien ein Dorn im Auge. Denn es gibt der Ehe als Unterhaltsgemeinschaft die Möglichkeit, eine gemeinsame Steuererklärung abzugeben und somit selbstbestimmt Erwerbs- und Familienarbeit auf beide Ehepartner zu verteilen.

Beim Splitting addieren beide Ehepartner ihr Einkommen. Das Finanzamt teilt diese Summe durch zwei und erhält nun zwei gleich hohe Einkommen, auf die es jeweils Einkommensteuer erhebt. Vor allem wenn also Partner A deutlich mehr verdient als Partner B, ist der finanzielle Vorteil einer gemeinsamen Veranlagung bei der Steuererklärung deutlich spürbar. Insbesondere Mehrkinderfamilien, in denen die Mutter oftmals über viele Jahre die Erziehungs- und Haushaltsarbeit leistet, dient das Ehegattensplitting. Denn das Einkommen des allein verdienenden Familienvaters wird zur Hälfte der unentgeltlich arbeitenden Familienmutter angerechnet und entsprechend niedriger besteuert.

In welchem Punkt wird die Union nachgeben?

Spätestens wenn Kinder im Spiel sind, wird der Vater in den allermeisten Familien zum Hauptverdiener. Falls sich die Eltern gegen eine Fremdbetreuung ihres Babys entscheiden, sogar zum Alleinverdiener. Genau das wollen linke Parteien verhindern. Hinter der Parole, mehr Frauen und Mütter in die Erwerbsarbeit zurückholen zu wollen, steht das Ziel, Familien die entsprechende Entscheidungsgrundlage zu entziehen. Die Abschaffung des Ehegattensplittings würde normal verdienende Eltern dazu zwingen, dass beide Vollzeit arbeiten gehen und ihre Kinder in eine Betreuungseinrichtung geben müssen.

Bisher teilte die Union diese linke Vision von Familie nicht, zumindest auf der fiskalpolitischen Ebene. Zuletzt bei den Koalitionsverhandlungen im März. Laut Welt soll der Streit um ein Ende des Ehegattensplittings so ausgeufert sein, „dass die SPD-Verhandler zeitweise den Sitzungssaal verlassen hatten“. Ein Sieg für die Union, den die SPD genauso wenig vergessen wird wie die von ihrem Koalitionspartner verhinderte Wahl der SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht. Das Bürgergeld ist ein weiterer Konfliktpunkt neben unzähligen weiteren in der noch jungen Geschichte der heillos zerstrittenen Koalition.

In welchem Punkt wird die Union nachgeben? Die SPD setzte ihren Anti-Familien-Klassiker nach der politischen Sommerpause Anfang September mit als erstes auf die Tagesordnung. Die Union hielt wochenlang still, um die ersten Sitzungen im Bundestag einigermaßen friedlich zu beginnen. Doch nun melden sich CDU und CSU in dieser Frage entschieden zurück. Man wolle am Ehegattensplitting festhalten und beruft sich auf den Koalitionsvertrag, auf die Grundsatz- und Wahlprogramme der Unionsparteien sowie auf ein positives Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Ehegattensplitting.

„Eine Frage der Gerechtigkeit“

„Eine Abschaffung des Ehegattensplittings wird es mit der CSU nicht geben“, sagte etwa CSU-Generalsekretär Martin Huber der Welt. Man müsse entlasten statt belasten. Und: „Die Abschaffung des Ehegattensplittings wäre nichts anderes als eine Steuererhöhung für Familien.“ Und der finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Fritz Güntzler, widerlegt zudem die ideologische Darstellung der SPD:

Es handelt sich bei dieser steuerlichen Regelung nicht um ein Privileg, wie die SPD sagt, sondern um eine Frage der Gerechtigkeit. Eine Ehe ist eine Unterhaltsgemeinschaft, die Partner gehen gegenseitige Unterhaltsverpflichtungen ein. Das muss steuerlich abgebildet werden.

Werden die von SPD und Union knallhart formulierten Fronten beim Ehegattensplitting nach der geplatzten Richterwahl zum nächsten Sargnagel für die Koalition, oder wird doch eine Partei nachgeben? DemoFürAlle wird die Union auf jeden Fall daran erinnern, dass das Ehegattensplitting – genauso wie der Schutz des ungeborenen Lebens – in die grundsätzliche Kategorie konservativer Familienpolitik fällt. Notfalls kommt es zu einer erneuten Machtprobe mit der konservativen Basis der Union.