Sechs Gründe, warum der „Kinderrechte“-Kompromiss der Bundesregierung sehr gefährlich ist

„Kinderrechte“ sollen im Grundgesetz verankert werden, darauf haben sich Union und SPD in einer gemeinsamen Formulierung geeinigt. DemoFürAlle hat sich den Entwurf und die Begleitumstände genauer angesehen und sechs wichtige Gründe herausgearbeitet, warum der Kompromiss entgegen allen Beteuerungen der Regierungsfraktionen brandgefährlich ist und deshalb unbedingt abgelehnt werden muss.

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Der jetzt herausgearbeitete Kompromiss sieht eine Ergänzung von Artikel 6 Absatz 2 GG vor. „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“

Folgende Sätze sollen dem Absatz 2 hinzugefügt werden:

Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.

Dieser Entwurf einer Grundgesetzänderung scheint auf den ersten Blick harmlos, ist er aber nicht, wie folgende sechs Punkte belegen:

  1. Zusätzliche „Kinderrechte“ im Grundgesetz sind rechtlich vollständig überflüssig. Kinder sind Menschen und damit Träger aller Rechte, die im Grundgesetz verankert sind. Eine Änderung hätte bloßen Symbolcharakter, die den Kindern nicht hilft, sondern in der Gesamtwirkung schadet.
  2. Die ausgehandelte Formulierung bestätigt den Symbolcharakter und ist die Wiederholung bereits bestehender Selbstverständlichkeiten. Sie sind „juristisch leerlaufende Plattitüden und Trivialitäten“, die das Grundgesetz unnötig aufblähen und gefährlich beliebig machen.
  3. Die explizite Erwähnung von „Kinderrechten“ im Grundgesetz und die Nachordnung der (begrifflich neuerfundenen!) „Erstverantwortung der Eltern“ eröffnet dem Staat die Möglichkeit, Entscheidungsbefugnisse wahrzunehmen, die bislang den Eltern vorbehalten sind. Entscheidungen gegen die Überzeugungen der Eltern würden so möglich.
  4. Eine Grundgesetzänderung ruft zwangsläufig auch eine neue Rechtsprechung der Gerichte hervor – auch dann, wenn die Änderung nur symbolischen Charakter hat und sich substantiell gar nichts ändern soll. Allein aus der Tatsache, daß Art. 6 GG geändert würde, würden Gerichte auch eine inhaltlich Änderungsabsicht des Gesetzgebers ableiten. Das fein austarierte Verhältnis von Eltern-Kinder-Staat würde damit ausgehebelt – zu Ungunsten von Eltern und Kindern.
  5. Das SPD-geführte Familienministerium hat bereits verkündet, der jetzige Formulierungsvorschlag sei nur eine Diskussionsgrundlage (die also bis zur Abstimmung im Bundestag inhaltlich noch verändert werden könne). Die SPD (gemeinsam mit Grünen und Linke) verfolgt seit langem ausdrücklich das Ziel, die staatliche „Lufthoheit über den Kinderbetten“ zu erreichen.
  6. Da für die Annahme des Gesetzentwurfs eine 2/3-Mehrheit des Bundestages erforderlich ist, steht zu befürchten, dass man der linken Opposition im letzten Moment vor der Abstimmung mit einer weitergehenden Formulierung entgegen kommen wird. Der jetzt gefundene Kompromiss-Entwurf wäre der berühmte Fuß in der Tür für weit gravierendere Schritte.