Das SBGG kehrt das Arzt-Patienten-Verhältnis um

Die erste Lesung des Selbstbestimmungsgesetzes (Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag, SBGG) hat am 15. November 2023 im Deutschen Bundestag stattgefunden. Frauen, die sich als Mann, und Männer, die sich als Frau fühlen, sollen ihren Geschlechtseintrag und Vornamen beim Standesamt ändern können. Medizinische Gutachten, wie sie das aktuell noch gültige Transsexuellengesetz fordert, fallen weg. Eine einfache Erklärung gegenüber dem Standesbeamten soll künftig reichen.

Bereits Kinder ab 14 Jahren dürfen ihren Geschlechtseintrag in amtlichen Dokumenten ändern – notfalls mit Hilfe von Familiengerichten gegen den Willen ihrer Eltern. Bei Kindern unter 14 Jahren sind es allein die Eltern, die einen Antrag stellen können. Seit die ersten parteiinternen Entwürfe des neuen Gesetzes öffentlich wurden, reißt die Kritik am hoch priorisierten Ampel-Projekt nicht ab. Allerdings schwenken die Gegner der von der Trans-Lobby forcierten Wünsch-Dir-Was-Politik jetzt erst auf eine Argumentation um, die auf die hohe Zahl an jungen Opfern verweist, die mit der Einführung des neuen Gesetzes zu erwarten ist.

So hat etwa die ehemalige Familienministerin Kristina Schröder (CDU) in ihrem Welt-Beitrag „Was mich als Mutter dreier Töchter am Selbstbestimmungsgesetz so bewegt“ den unter Mädchen grassierenden „Trans-Hype“ klar benannt.

Trans-Hype – kurz erklärt:

In den vergangenen Jahren ist das Thema Transgender in den Medien, über Prominente, Influencer und Social Media zu einem Super-Thema geworden. Im Zuge dessen ist die Zahl der Kinder, die sich unvermittelt als Transgender outen, sprunghaft angestiegen. Kliniken, die Geschlechtsumwandlungen anbieten, haben Wartelisten eingeführt, weil sie den Ansturm nicht mehr bewältigen konnten. Etwa 80 Prozent ihrer jungen Patienten sind Mädchen. Sie identifizieren sich selbst ohne ärztliche Diagnose als Transgender, fordern künstliches Testosteron und wollen sich die Brüste amputieren lassen.

Bisher äußerten sich psychische Erkrankungen junger Mädchen vor allem in den Borderline-Symptomatiken, selbstverletzendem Verhalten und Magersuchtswellen. Der hohe soziale Druck unter Gleichaltrigen, den Schönheitsidealen und stereotypen Rollenbildern zu entsprechen, verstärkt die zugrundeliegenden Selbstzweifel zusätzlich. Inzwischen laufen Mädchen mit Identitätskrisen der in den sozialen Medien befeuerten Glücksbotschaft vom Geschlechtswechsel hinterher – und zwar scharenweise in der gesamten westlichen Welt.

Erst während der Pubertät gelangen sie plötzlich zu der Überzeugung, dass ihnen bei der Geburt das „falsche Geschlecht zugewiesen“ wurde, wie es im Jargon der Trans-Szene heißt. Drei Viertel der Mädchen waren schon wegen Ängsten, Depressionen oder Essstörungen in psychiatrischer Behandlung. Ärzte sprechen daher von einem „Trans-Hype“ und von “Rapid Onset Gender Dysphoria” (ROGD), zu deutsch: plötzlich einsetzende Geschlechtsdysphorie.

Feministinnen dominierten die Debatte

Das ROGD-Phänomen, das Schulleiter schon länger umtreibt, wird nun knapp vor der Verabschiedung des Selbstbestimmungsgesetzes von prominenten Politikern als Argument entdeckt. Kurz nach Schröders Meinungsbeitrag mahnte auch ihre bayerische CSU-Kollegin Dorothee Bär im Interview mit der Welt vor den einschneidenden Konsequenzen der sozialen Transition: „Ich bin skeptisch, ob Jugendliche mit Vollendung des 14. Lebensjahres wirklich in der Lage sind, die Bedeutung und Tragweite einer solchen Entscheidung für ihr ganzes Leben einschätzen zu können – vor allem, wenn dem Namenswechsel dann auch medizinische Maßnahmen folgen.“

Freilich sind Schröder und Bär nicht die ersten, die Bedenken äußern angesichts dieser heiklen Kombination aus Pubertätskonflikten und dem selbstbestimmten „Geschlechtswechsel“ ab 14 Jahren. Schon früh beeilten sich die Konstrukteure des Gesetztes darauf hinzuweisen, dass mit der amtlichen Personenstandsänderung keine medizinischen Schritte verbunden seien. Das ist jedoch falsch. Das Gesetz beeinflusst nicht nur ideell die sich anschließenden medizinische Eingriffe sondern es regelt das Arzt-Patienten-Verhältnis auf eine ganz neue Weise im Sinne der pubertären Transgender-Selbstdiagnose.

Der politische Gegner hat es versäumt, sich mit der Lebensrealität der größten vom Selbstbestimmungswahn betroffenen Gruppe auseinanderzusetzen und das Gesetz frühzeitig zu kippen. Stattdessen dominierten Feministinnen die Debatte. Sie äußerten Bedenken über biologische Männer, die sich nun mittels geändertem Geschlechtseintrag Zutritt in die Damensauna verschaffen könnten. Dass die Feministen vom alten Schlag die Frage „Was ist eine Frau?“ nicht mehr in ihrem Sinne beantworten konnten, offenbarten ihre machtpolitischen Gebietsverluste zu Gunsten der radikal progressiven Identitätspolitik.

Nur ein revidierbarer Eintrag im Melderegister?

Deutschland hat keinen Frauen- sondern einen Queer-Beauftragten, und jener Sven Lehmann (Grüne) dürfte den „TERFS“ (Trans-Exclusionary Radical Feminism), wie die alternden Frauenrechtlerinnen von Trans-Aktivisten abschätzig bezeichnet werden, dankbar gewesen sein. Dankbar dafür, dass sie ihre schwindende Hausmacht darauf konzentrierten, darauf zu bestehen, dass nur Frauen mit echter Vagina tatsächlich Frauen sind und in Frauenräume hineindürfen. Natürlich haben sie Recht. Aber neben der ins Spiel gebrachten Eventualität von biologischen Männern, die als Trans-Frauen voyeuristischen Trieben in Damenumkleiden frönen, fiel der eigentliche Skandal lange unter den Tisch. Hinzu kam, dass der auf die Spitze getriebene Selbstbestimmungswahn, der „Geschlechtswechsel“ für jedermann einmal im Jahr, an sich schon Kritik und Aufmerksamkeit absorbierte. Nahezu jeder Absatz im Gesetzesentwurf ist für Verfassungsrechtler eine Steilvorlage.

Wenn nun aber auch Unions-Politiker anprangern (und auch in der FDP rumort es gewaltig), dass das Gesetz Jugendliche direkt auf die OP-Tische der Transgender-Medizin führt, dürfte das dem Trans-Lobbyisten Lehmann sehr ungelegen kommen. Redet der Volksmund erst einmal vom „Selbstverstümmelungsgesetz“, lässt sich dieses nicht mehr so einfach unter dem Ampel-Motto „Mehr Fortschritt wagen“ verbuchen. Die sogenannte soziale Transition ist eben nicht nur ein revidierbarer Eintrag in ein Melderegister:

Die amtliche Bestätigung der Selbstdiagnosen setzt Therapeuten vor vollendete Tatsachen und führt zu irreversiblen medizinischen Fehlentscheidungen. Unsere ausführliche Begründung, warum das Selbstbestimmungsgesetz direkt medizinische Schritte beeinflusst, finden Sie hier.

Vom Standesamt in die Knochenmühle der Transgender-Medizin

In den Gender-Kliniken werden indes schon heute zahlreiche Pubertätsblocker verabreicht, Testosteronspritzen gesetzt und Brüste amputiert. Die jungen Patientinnen bekommen, was sie fordern. Das Selbstbestimmungsgesetz wird eine noch größere Welle an weiblichen Trans-Teenagern auslösen. Die politischen Befürworter des Selbstbestimmungsgesetzes sind darüber im Bilde. Ihre Beteuerung, dass medizinische Entscheidungen nicht tangiert würden, ist Heuchelei:

Unter ihrer Verantwortung werden dutzenden LSBT-Vereine finanziert, die an die Schulen strömen und dort den Trans-Hype weiter anheizen. Auf dem Regenbogenportal des Bundesfamilienministeriums bekommen Kinder in einfacher Sprache Tipps für ihr Transgender-Coming Out und bis vor Kurzem wurde auf diesem Portal noch massiv Werbung für sogenannte Pubertätsblocker gemacht. Fast immer beginnt mit diesem gefährlichen Medikament eine Reise ohne Wiederkehr, an deren Ende verstümmelte und durch Hormone dauerhaft geschädigte Jugendliche feststellen, dass die Geschlechtsumwandlung doch nicht der erhoffte Heilsbringer war. Wenn in Kindersendungen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens von Transgender die Rede ist, fällt darüber kein Wort. Pubertätsblocker sind dann harmlose Pillen. Und die Geschlechtsumwandlung ist stets der richtige Schritt, der soziale Anerkennung verspricht, und der medizinisch als Routineeingriff bagatellisiert wird.

Vor diesem Hintergrund wird klar: Die Konstrukteure des Selbstbestimmungsgesetzes verfolgen eine Agenda. Sehenden Auges schicken sie die Opfer des Trans-Hypes nicht nur zum Standesamt, sondern gleich weiter in die Knochenmühle der Transgender-Medizin.