Jurist warnt vor „sexueller Identität“ im Grundgesetz

Die Ampel-Regierung will laut Koalitionsvertrag das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 3) um „sexuelle Identität“ ergänzen. Der Verfassungsrechtler Prof. Dr. Arnd Diringer warnt in seiner aktuellen WELT-Kolumne eindringlich vor den drohenden Konsequenzen dieses Vorhabens.

Diringer weist darauf hin, dass die Formulierung „sexuelle Identität“ verschieden definiert werden kann. Deshalb könnten sich auch Menschen mit sexuellen Neigungen, deren Ausübung strafbar ist, darauf berufen:

Pädophile gehen beispielsweise davon aus, dass auch ihre Neigungen als „sexuelle Identität“ anzusehen sind. Das kann man etwa auf der nach einer Pädophilen-Gruppe benannten Internetseite „krumme13.org“ lesen. Teile der juristischen Literatur lehnen das unter Verweis auf die Strafbarkeit des Verhaltens ab. Das ist, wie Professor Hartmut Oetker im „Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht“ ausführt, aber „nicht zweifelsfrei, da das AGG nicht die untersagte Ausübung, sondern die Identität schützt“.

Letztere enthält keine Abgrenzung zu solchen Neigungen. Darauf wurde ebenso bei einer Expertenanhörung des Rechtsausschusses des Bundestags 2010 hingewiesen, als erstmals über die Aufnahme der „sexuellen Identität“ ins Grundgesetz diskutiert wurde.

Selbst die drei Parteien der Ampel-Koalition seien sich darüber nicht einig. Während die Grünen auf Anfrage von Diringer gar keinen Versuch einer Definition unternahmen, gaben SPD und FDP verschiedene Rückmeldungen:

Die SPD-Fraktion teilt mit, dass sich der Begriff „auf lesbische, schwule, bisexuelle, heterosexuelle, aber auch asexuelle oder pansexuelle Personen“ beziehe. „Sexuelle Identität“ sei „weitgehend synonym mit dem Begriff der ‚sexuellen Orientierung‘“, mache „aber zusätzlich deutlich, dass es sich bei der Sexualität um einen Bestandteil des Selbstverständnisses einer Person handelt, der nicht nur durch die sexuelle Beziehung zu einer anderen Person bestimmt ist“. Die Beschränkung auf die genannten Ausrichtungen wird nicht begründet.

Die FDP-Fraktion führt aus, dass „in einigen Fällen die von der Gesellschaft zugeschriebene Identität nicht mit der Eigenwahrnehmung“ übereinstimme. „Diese Selbstwahrnehmung“ werde „mit der Ergänzung des Grundgesetzes ernst genommen“. Was alles zur „sexuellen Identität“ zählt, bleibt offen.

Das Fazit des Autors fällt deshalb eindeutig aus:

Da der Begriff notwendige Abgrenzungen nicht ermöglicht, begibt man sich mit einer Verfassungsänderung auf gefährliches Terrain.