Die Stadt Schwäbisch Hall hat ihren Kindertageseinrichtungen ein sexualpädagogisches Konzept verordnet, das Kinder zum „Doktorspiel“ anleitet. Die Kinder sollen „ihre eigene sexuelle Identität“ entwickeln. „Sinnliche Nähe“ und „die Lust am eigenen Körper“ stehe in den ersten Lebensjahren im Vordergrund. Zudem werden fragwürdige „sexuelle“ Situationen als normaler Kita-Alltag dargestellt. So gibt es Empfehlungen, wie mit Kindern umzugehen sei, die eine Erzieherin „an der Brust berühren“ oder küssen möchten – sie solle „allenfalls ihre Wange hinhalten“.
Weiter heißt es in dem Konzept: Kinder begegneten der Welt „mit allen Sinnen“, sie „berühren und (er-)greifen diese, stecken Dinge in den Mund und lernen darüber […] auch ihren eigenen Körper kennen“. Normales kindliches Verhalten, das Erzieherinnen seit Jahrzehnten angemessen begleiten, wird nun ohne Not in den entwicklungsphysiologisch völlig unpassenden Kontext körperlich reifer Sexualität gesetzt. Hoch problematisch wird diese erwachsene Konnotation durch die Anleitung zu Körpererkundungsspielen, dem Kernanliegen solcher Kita-Konzepte:
„Grundsätzlich stören wir die Kinder nicht beim gegenseitigen Anschauen und Anfassen, auch wenn sie sich zu diesem Zweck ausgezogen haben sollten.“ Die Kindern sollen für ihre „Doktorspiele“ in den extra bereit gestellte Rückzugsräumen Regeln lernen: „Kein Kind steckt einem anderen Kind etwas in eine Körperöffnung (Po, Scheide, Mund, Nase, Ohr) oder leckt am Körper eines anderen Kindes.“
Erziehung ist Elternrecht
Fachbereichsleiter Christoph Klenk rechtfertigt das Konzept gegenüber Nius: „Es gibt enge körperliche Kontakte in Kitas. Es muss Klarheit darüber herrschen, wie damit umgegangen wird.“ Anders sehen das einige Eltern in Schwäbisch Hall. So sei etwa das Einüben solch expliziter Doktorspielregeln aus kindlicher Perspektive wie eine Einladung „zum Ausprobieren“. Gegen die neuen sexualpädagogischen Konzepte protestieren sie mit einem offenen Brief.
Das Schreiben vom 13. Oktober (liegt DemoFürAlle vor) richtet sich an Oberbürgermeister Daniel Bullinger, das hiesige Jugendamt und die Fachstelle Kinderschutz. Ihre zentralen Forderungen, die sich an die 17 städtischen Kitas richten, haben die Eltern in sechs Punkten formuliert.
So wollen die Eltern, dass sie bei „Kinderfragen“ zu sexuellen Themen, etwa zur Entstehung von Babys, zuerst informiert werden, bevor die Frage seitens der Erzieher beantwortet wird. Denn sie wollen die Gelegenheit haben, als erstes mit ihrem Kind darüber zu sprechen, oder zumindest „mit den Erziehern die Art und Weise einer kindgerechten Aufklärung“ vereinbaren. Bereits die erste Forderung zeigt: Der Konsens zwischen Eltern und Kitas, der viele Jahrzehnte unausgesprochen Gültigkeit hatte, wurde einseitig von der Stadt Schwäbisch Hall aufgekündigt.
Des weiteren soll das Reden über Körper und Geschlecht sachlich und kindgemäß sein. Ein „Anleiten oder Anraten von Erkundungsspielen“ oder zur Masturbation soll es in den Kitas nicht geben, fordern die Eltern. Besonders das Besprechen von „expliziten Regeln zum Intimbereich, die zum Übertreten und ,Ausprobieren’ einladen“, lehnen sie ab.
Wenn sich sexuelle Handlungen für ein Kind nicht mehr fremdartig anfühlen, spürt es keine Gefahr, und ist gerade nicht in der Lage, dazu kategorisch NEIN zu sagen.
Den Kindern soll es außerhalb der Toiletten nicht erlaubt sein, sich nackt auszuziehen „insbesondere nicht zu zweit in Kuschelhöhlen oder bei unbeaufsichtigten Doktorspielen“, mahnen die Eltern mit Verweis auf die Aufsichtspflicht der Erzieher.
Explizit betonen die Verfasser, dass „sexuelle Lust“ oder „erotische Präferenzen“ keine Themen für kleine Kinder sind, die ihnen auch nicht über Bilderbücher oder durch „externe Sexualpädagogen“ nahegebracht werden dürften. Auf deren Besuch in der Kita sei grundsätzlich zu verzichten. Denn Sexualaufklärung im Kindergartenalter sei die Aufgabe der Eltern, „die selbst entscheiden, ob und wie sie ihrem Kind das Thema bereits erklären können oder wollen.“
Mit der Kündigung des Kita-Platzes gedroht
Seit der zunehmenden Einführung von sexualpädagogischen Konzepten in Kitas, liegt einiges im Argen. Offensichtlich sehen sich Eltern genötigt, Selbstverständlichkeiten als Forderungen formulieren zu müssen. Doch Gespräche mit den Kita-Leitungen reichen oftmals nicht aus. So wurde kritischen Eltern bereits mit der Kündigung des Kita-Platzes gedroht. „Falls manche Eltern das Konzept komplett ablehnen, müssen sie letztendlich die Kindertagesstätte wechseln“, zitiert der Brief eine Aussage des Fachbereichsleiters Klenk im Haller Tagblatt. Um sich Gehör zu verschaffen, braucht es also einen offenen Brief.
Der Stein des Anstoßes sind sexualpädagogische Leitlinien, die in Zusammenarbeit mit Pro Familia erstellt wurden, wie Nius berichtet. Nicht ohne Grund fügten die Eltern ihren Forderungen zwei Seiten zur „hochproblematischen Vorgeschichte“ dieser Art von Sexualpädagogik bei. Denn die in den Kita-Konzepten grundlegende These zur vermeintlichen „kindlichen Sexualität“ beruht, worauf auch DemoFürAlle seit Jahren hinweist, auf der Sexualpädagogik von Helmut Kentler, die von seinem Meisterschüler Uwe Sielert weiter verbreitet wurde.
Die „Definition der kindlichen Sexualität“ wie sie in den Kitas in Schwäbisch Hall Anwendung finden soll, folgt sinngemäß dem pädagogischen Ungeist Kentlers: Kinder seien „sexuelle Wesen von Geburt an“, deren sexuelle Entwicklung gezielt gefördert werden müsse, schrieb der pädophile Missbrauchstäter in den 1980er Jahren. Dieser pädagogische Geist soll nun auch in den Kitas wirken.
Aufklären, protestieren, Sexualkonzepte stoppen
DemoFürAlle warnt seit Jahren mit zahlreichen Beiträgen intensiv vor den sexualpädagogischen Konzepten in Kitas (vgl. z.B. hier und hier und hier), und es zeigt sich: Mit öffentlichem Protest lässt sich so manche Entwicklung stoppen. Es lohnt sich aktiv aufzuklären. Verbreiten Sie daher bitte unsere Artikel und auch ein Interview mit Hedwig von Beverfoerde mit dem Radiosender Kontrafunk zu diesem Thema.
