Jörg Maywald, Jahrgang 1955, Pädagogikprofessor in Potsdam, ist eine Schlüsselfigur unter Kentlers Erben und ein Vorkämpfer für die sogenannten Kinderrechte. Zahlreiche sexualpädagogische Konzepte für Kitas tragen seine Handschrift.
Der Mitbegründer des Berliner Kinderschutz-Zentrums war von 1995 bis 2021 Geschäftsführer der Deutschen Liga für das Kind und anschließend Sprecher der National Coalition Deutschland, einem Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention. Solch hochrangigen Führungspositionen auf lobbyistischer Ebene gingen Tätigkeiten in der sozialpädagogischen Praxis voraus.
Von 1991 bis 1994 war Maywald beim Bundesfamilienministerium in Berlin Leiter des Projekts „Förderung des Pflegekinderwesens in den neuen Bundesländern“ im Arbeitskreis zur Förderung von Pflegekindern. 1996 veröffentlichte er thematisch passend seine Dissertation „Zwischen Trauma und Chance – Trennungen von Kindern im Familienkonflikt“. Schon während Studium und Promotion waren familiär isolierte und misshandelte Kinder sein Tätigkeitsbereich, etwa als Mitarbeiter in einem Vertrauensarztbüro gegen Kindesmisshandlung oder als Sozialpädagoge in der Kinderwohngruppe des Kinderschutz-Zentrums Berlin im Rahmen des Projekts des Bundesfamilienministeriums „Hilfen für Kinder in Notlagen“.
Neben weiteren Vorstandsposten bei Initiativen und Stiftungen zum Wohl von Kindern ist der Fachbeirat der Zeitschrift kindergarten heute als Publizist pädagogischer Handreichungen tätig. Seine Schwerpunkte sind „Kinderrechte“ sowie „Sexualpädagogik und Schutz vor sexualisierter Gewalt“ aber auch „Pflegekindschaft und Adoption“ oder „Wahlrecht für Kinder“.
Seine Bücher tragen Titel wie „Schritt für Schritt zum Kita-Schutzkonzept“, „Ganztag im besten Interesse der Kinder“, „Krippen. Wie frühe Betreuung gelingt“ und immer wieder in aktualisierten Auflagen „Sexualpädagogik in der Kita“ und „Kinderrechte in der Kita“. In kindergarten heute veröffentlichte Maywald jüngst den Beitrag „Den eigenen Körper erforschen. Psychosexuelle Entwicklung“ (3/2025, S. 10-14).
Im Jahr 2014 führte Maywald in der Zeitschrift „Frühe Kindheit“ ein Interview mit Uwe Sielert mit dem Titel „Sexualität müsste nicht nur als Konsumgut, sondern vor allem als Bildungsgut ernster genommen werden“. Zwischen Sielert und Maywald gibt es eine auffällige inhaltliche Parallelität. „Doktorspiele sind erlaubt“, heißt etwa ein Beitrag im Kita-Blog des Klett-Verlags, in dem die Literaturtipps sich auf Publikationen von Maywald und Sielert sowie der BZgA beschränken, die dem Sielert-Universum zuzurechnen ist. Die Inhalte sind im Grunde austauschbar.
„Mythos vom angeblich ‚unschuldigen‘ Kind aufgeben“
Der sexualpädagogische Grundsatz von Maywald deckt sich mit Sielerts Konzept der „sexuellen Bildung“ und fußt auf der emanzipatorischen Sexualpädagogik Helmut Kentlers. Sexualität gehöre „als menschliches Grundbedürfnis von Beginn an zur Entwicklung jedes Kindes“, schreibt Maywald in seinem aktuellen kindergarten heute-Beitrag. Als Beleg für diese Behauptung dient ihm ein Verweis auf die WHO, wodurch abermals ein Kreisschluss zu Sielerts „sexueller Bildung“ entsteht, in deren Zentrum sich die pädophile Ideenwelt von Kentler befindet. Entsprechend sind phraseologisch exakte Entsprechungen zu Kentlers Thesen vom „Kind als Sexualwesen“ enthalten:
Kinder von Geburt an als sexuelle Wesen anzuerkennen, bedeutet auch, den Mythos vom angeblich „unschuldigen“ Kind aufzugeben. Die Vorstellung, dass Kinder „unbelastet“ von sexuellen Empfindungen, Gedanken und Handlungen aufwachsen könnten, ist eine realitätsferne Fiktion, die ihnen nicht gerecht wird und sogar Schaden zufügen kann. Sexualität mit Schuld, Unreinheit und Unanständigkeit zu verbinden, ist Bestandteil einer körper- und lustfeindlichen Sexualmoral und verkennt die große Bedeutung einer altersgemäßen und Grenzen wahrenden Sexualität für Wohlergehen und Lebensfreude.
Maywalds Formulierung stammt aus seiner „Sexualpädagogik in der Kita“. Sie bedeutet in ihrer Umkehrung, Kinder seien bereits „belastet“ von sexuellen Empfindungen, Gedanken und Handlungen. Es gibt jedoch keine wissenschaftlichen Belege aus der Entwicklungspsychologie für die These von der „kindlichen Sexualität“. Die Behauptung wird lediglich im pädagogischen Diskurs von Kentler und Sielert, von der WHO und besonders auch von Maywald immer wieder aufgegriffen und verbreitet. Sie fußt auf der Lehre von Sigmund Freud zur sogenannten psychosexuellen Entwicklung von Kindern.
Freuds überholte Thesen dienen Maywald als wissenschaftlicher Beleg
Freud entwickelte seine Thesen jedoch nicht nach heutigen wissenschaftlichen Maßstäben. Er bezog sich auf seine eigene „Selbstanalyse“ sowie auf Kindheitserinnerungen, Fantasien und Träume von Erwachsenen, die sich bei ihm in psychoanalytischer Behandlung befanden. Aus diesen Schilderungen leitete er sein Phasenmodell (Orale Phase, Anale Phase, Phallische Phase, …) ab. Seitdem dient der Begriff der „psychosexuellen Entwicklung“ von Kindern den Erben Kentlers als dankbare Vorlage, die stets als wissenschaftliche Quelle herhalten muss.
In der Entwicklungspsychologie gilt Freuds Phasenmodell, das nicht auf valider, empirischer Kinderforschung beruht, längst als überholt. Die moderne Bindungsforschung bewertet das Verhalten von kleinen Kindern teils gänzlich anders als Freud. Das Bindungsverhalten von Kindern, ihr auf die Eltern ausgerichtetes Nähe- und Kuschelbedürfnis, oder etwa der Saugreflex bei Säuglingen sind psychodynamisch anders gelagert als sexuelle Empfindungen ab der Pubertät. Sexualität ein hormonell ausgelöster Entwicklungsschub, weshalb der Begriff der „psychosexuellen Entwicklung“ für kindliches Verhalten unpassend und irreführend ist. Folglich gibt es auch keine „kindliche Sexualität“ und keine kindlichen „sexuellen Gefühle“. Kinder sind keine „sexuellen Wesen“, wie Kentler, Sielert und Maywald behaupten.
Einen näheren Blick in die Entwicklungspsychologie vermeidet Maywald. Stattdessen reduziert seine Pädagogik durch begriffliche Gleichsetzung die Distanz zwischen der fälschlicherweise sogenannten „kindlichen Sexualität“ und dem sexuellen Empfinden Erwachsener. Was Wirkung entfaltet, ist der zentrale Begriff „sexuell“, wohingegen die nachgereichte Unterscheidung zwischen der „kindlichen“ und „erwachsenen“ Sexualität zur Randnotiz wird.
Viele Kita-Konzepte zitieren Maywalds tabellarische Gegenüberstellung der „Unterschiede zwischen kindlicher Sexualität und Erwachsenensexualität“. Beispielsweise heißt es da, die „Sexualität“ der Kinder sei „spielerisch und spontan“ während Erwachsene „absichtsvoll und zielgerichtet“ sexuell handeln.
Es gäbe genug Alternativen, das Nähebedürfnis kleiner Kinder, das Entdecken des eigenen Körpers, oder eben das spielerische und spontane Erkunden anderer Kinder zu beschreiben. Doch wie in der „sexuellen Bildung“ von Sielert, so stehen auch bei Maywald die Begriffe „sexuell“ und „Sexualität“ im Fokus. So erzeugt Maywald eine Realität im Denken, die sich immer wieder auf den entwickelten Geschlechtstrieb bezieht. Wenn dann noch in Bezug auf kleine Kinder sogar von „sexueller Lust“ die Rede ist, dominiert gänzlich die erwachsene Vorstellung von Sexualität. Der für Kinder schon im Ansatz falsche Begriff geht immer mit einer entsprechenden Projektion auf das kindliche Verhalten einher. Die inhaltlich vagen Unterscheidungen sollen kritischen Erziehern und Eltern den Wind aus den Segeln nehmen.
Recht auf „sexuelle Bildung“ soll über religiösen Vorstellungen der Eltern stehen
Der pädagogische Diskurs zur Sexualpädagogik in Kitas wird von Sielert und Maywald beziehungsweise von der BZgA und WHO bestimmt. Er soll auch weiterhin durch ein Zusammendenken von „kindlicher Sexualität und Erwachsenensexualität“ geprägt sein. Und sogar eine ganzheitliche Perspektive auf „kindliche Sexualität“ wählen, betont Maywald. Denn der einseitige Fokus auf „Schutz und Abwehr“ enthalte Kindern wichtige Bildungserfahrungen vor, was ihre Entwicklung hemmen könne. Zudem stünden die Kinderrechte bezüglich der „sexuellen Bildung“ über den kulturellen und religiösen Vorstellungen der Eltern.
In den sexualpädagogischen Konzepten, die sich Kitas geben, kommt Maywalds Sicht auf Kinder zur Anwendung. Häufig zitieren die Kitas prominent aus seinen Publikationen. Zum Beispiel halten es die „Mitarbeitenden“ einer Kita in Badbergen für ihre Aufgabe, die „mit der Geburt“ beginnende sexuelle Entwicklung der Kinder zu begleiten und zu unterstützen. Das erinnert an Kentlers „Lernen durch Tun!“, eine Grundregel seiner sexualfreundlichen Erziehung.
„Kinder sind neugierig und mit allen Sinnen auf der Suche nach körperlichem Wohlbefinden“, heißt es weiter in dem Kita-Konzept. „Wenn sie im Spiel für sich oder mit anderen sexuelle Lust empfinden, so geschieht dies absichtslos und spielerisch.“ Konkret sieht die „psychosexuelle“ Begleitung auch vor, Kinder darin zu bestärken, „selbstbestimmt zu entscheiden, was ihrem Körper guttut und was nicht, wer sie anfassen darf oder nicht.“
„Sie genießen die lustvolle Erregung“
Während in vergangenen Jahrzehnten eine Erzieherin dem Körpererkundungsspiel von Kindern im Kindergarten intuitiv angemessene Grenzen setzte, sollen Kindern heute im Sinne Maywalds und auch im Sinne Kentlers selbstbestimmt lernen, was ihnen guttut und was nicht. Ein Kind kann jedoch nicht antizipieren, sondern es lernt im Geschehen, was ihm nicht guttut. Der Lerneffekt eines dreijährigen Kindes, „das hier tut mir gerade nicht gut“, sofern es zu dieser Einsicht überhaupt fähig ist, beruht also auf vollzogenem Missbrauch.
Und in letzter Konsequenz bedeutet Maywalds Sexualpädagogik auch, dass ein Kind lernen darf, es als angenehm zu empfinden, im Intimbereich berührt zu werden. „Selbstbestimmt“ ist das jedoch nicht, denn Kinder sind noch nicht in der Lage, ihre Würde und ihre sexuelle Integrität selbst zu erkennen oder gar zu verteidigen. „Bei unter 14 – jährigen ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie sexuellen Handlungen nicht zustimmen können“, zitieren die Autoren weiter unten den unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung. Der Widerspruch zur Pädagogik Maywalds, auf die sie sich beziehen, scheint ihnen nicht aufgefallen zu sein.
Unter dem Punkt „Doktorspiele“ in der Kita-Broschüre wird potentieller Missbrauch unter Kindern als alltägliche Situation eingepreist: Kinder ab der Dreijährigkeit würden „die eigenen Genitalien oder die der mitspielenden Kinder“ erforschen. „Sie genießen die lustvolle Erregung.“ Die selbstbestimmte Aneignung ihres Körpers sei auch „eine sexuelle Weltaneignung“. Kinder würden lernen, „dass sie ‚Nein!‘ sagen dürfen, wenn sich eine Berührung nicht schön anfühlt“. Auch wenn bei den Doktorspiel-Regeln vermerkt ist, dass niemand „einem anderen Kind etwas in den Po, in die Scheide, in den Penis“ steckt, wollen Eltern nicht, dass ihr dreijähriges Kind im Genitalbereich erkundet wird. Keine Mutter und kein Vater mag sich vorstellen, dass ihr Kind so übergriffig bedrängt ist, dass es „Nein“ sagen muss, oder vielleicht nicht mehr die Kraft und den Mut findet, „Nein“ zu sagen.
„Geschlechtsverkehr nachspielen“ als kindlich sexuelle Ausdrucksform
Maywald hingegen will den Kindern solche Lernerfahrungen ermöglichen. In der Kita-Broschüre wird er mit folgender Aussage aus seiner Sexualpädagogik zitiert:
Manchmal halten sich Kinder im Rahmen von Körpererkundungsspielen nicht an die Regeln und es kommt zu Grenzverletzungen oder sexuellen Übergriffen. Nicht in jedem Fall geschieht dieses absichtsvoll. Meistens bemerken die Kinder schnell solche Grenzverletzungen und unterbrechen ihr Tun. In manchen Fällen benötigen sie dabei die Unterstützung pädagogischer Fachkräfte. Wenn solche Grenzverletzungen allerdings mit Absicht, gezielt und /oder wiederholt stattfinden, muss von sexuellen Übergriffen gesprochen werden.
Vergleichbar ist die Broschüre „Let’s talk about Sex“ der katholischen Tageseinrichtungen für Kinder in der Pfarrei St. Sixtus in Haltern am See. Maywald führt die Literaturliste an. Die in seinen Publikationen immer wieder betonte Prämisse dominiert auch hier: Menschen seien „von Geburt an sexuelle Wesen“. Oder: „Sexualität gehört von Beginn an zum Leben jedes Kindes dazu.“ Auch der emanzipatorische, erzieherische Impetus fehlt nicht: Um die „sexuelle Bildung zu ermöglichen, braucht es lernförderliche Impulse.“
Immer wieder wird die vorgeblich bemühte Abgrenzung zur Sexualität Erwachsener ad absurdum geführt, etwa wenn für Kinder ab dem vierten Lebensjahr „sexuelle Neugier im Forschen (Doktorspiele)“ und „im Ausprobieren (Geschlechtsverkehr nachspielen)“ als sexuelle Ausdrucksformen angenommen werden. Da es „in diesem Alter nichts Spannenderes“ gebe als „Doktorspiele“, sei es den Kindern in den Spiel- und Kuschelecken erlaubt, „ihren frühkindlichen sexuellen Bedürfnisse nachzugehen, wie sich selber streicheln, sich gegenseitig zu betrachten und miteinander zu kuscheln.“
Solche Formulierungen und Behauptungen über das Kind als „sexuelles Wesen“ und die „Lebensenergie Sexualität“ basieren auf Maywalds „Sexualpädagogik in der Kita“. In dieser beruft er sich auf die WHO/BZgA-Standards („Sexualaufklärung beginnt mit der Geburt“) und auf Sielert, aber auch auf die überholte Lehre Freuds. Maywalds Pädagogik ist also sowohl Transmitter als auch Weiterentwicklung der „sexuellen Bildung“ Sielerts.
„Körpererkundungsspiele oder sexuelle Übergriffe“
Das für die praktische Umsetzung der „sexuellen Bildung“ zentrale Kapitel in Maywalds „Sexualpädagogik in der Kita“ lautet „Körpererkundungsspiele oder sexuelle Übergriffe“. Der Widerspruch zwischen der pädagogischen Absicht und der Würde des Kindes zeigt sich hier deutlich. Regeln für Körpererkundungsspiele, wie etwa „Kein Kind steckt einem anderen Kind etwas in eine Körperöffnung“, sollen den Anschein von Kontrolle und Einbettung in einen dem Kind dienlichen und lustfreundlichen Kontext vermitteln.
Kuschel- und Rückzugsräume sollen bereitgestellt werden. In diesen „Zonen der Intimität“ sollen die Kinder die Möglichkeit haben, sich nackt auszuziehen und sich gegenseitig zu erkunden und anzufassen. Unter gleichaltrigen Kindern könne dies „die Entwicklung einer selbstbestimmten Sexualität fördern“, schreibt Maywald. Eine Pädagogik, die dreijährigen Kindern eine selbstbestimmte Sexualität andichtet, hebelt die sexuelle Integrität und Würde der Kinder gezielt aus beziehungsweise weckt ihre „sexuelle Lebensenergie“, um es in Kentlers Worten zu sagen. Wie fatal sich die kentlersche Pädagogik auf Kinder auswirkt, beschreibt Maywald selbst, wenn er Fallbeispiele für sexuelle Übergriffe skizziert. Deren Titel lauten: „Jannik wird untersucht“, „Tobias will nicht ‚Poppen‘ spielen“ und „Erik verlangt von anderen Kindern, an seinem Penis zu lecken“.
Die Verantwortung für solche Übergriffe liegt nicht bei den Kindern, die „die Regeln“ nicht befolgen, sondern bei denjenigen, die die Kuschelräume zur Verfügung stellen. Maywald hingegen empfiehlt das Erlernen zahlreicher Regeln. „Die Kinder streicheln und untersuchen sich nur so viel, wie es für sie selbst und die anderen Kinder angenehm ist“, lautet eine Regel, die die Kinder verstehen und anwenden sollen. Die Verantwortungsübertragung auf das Kind in solch einem sensiblen Bereich wie der körperlichen Integrität und in einer unbeaufsichtigten Situation widerspricht jeglichen pädagogischen Grundsätzen. Vielmehr fungieren die Regeln als initialer Ideengeber für die Kinder. Sie sollen den Kindern ausführlich erklärt und gemeinsam mit ihnen erarbeitet werden. Die Idee, die Rückzugsräume und das Ausreizen der Regeln einmal auszuprobieren, ist für die Kinder dann natürlich präsent.
Nacktheit und intime Berührungen dringen in den Kern der Persönlichkeit
Im Fallbeispiel „Jannik wird untersucht“ ziehen zwei vierjährige Mädchen dem zweijährigen Jannik die Windel aus und „sehen sich eingehend seine Genitalien an“. Die Mädchen „nutzen Janniks Zutraulichkeit aus, um ihre sexuelle Neugier zu befriedigen“, ordnet Maywald das Geschehen in eine sexuelle Motivlage ein. Dies sei als sexueller Übergriff zu werten, „da Jannik altersbedingt die Motive der Mädchen gar nicht überblicken und einschätzen“ könne. „Sobald die pädagogischen Fachkräfte dieses Ungleichgewicht bemerken [sic!], sollten sie die Situation ansprechen und die Mädchen auffordern, sich für ihre Körpererkundungsspiele gleichaltrige Spielpartner:innen zu suchen.“
Solch eine Aufforderung wäre als Anbahnung zum Übergriff zu werten. Auch Vierjährige untereinander können weder ihre eigenen Motive noch die der anderen Kinder „überblicken und einschätzen“. Sie können nicht „selbstbestimmt“ sexuell handeln. Es ist die Aufgabe der Erwachsenen, die Würde der Kinder zu schützen, sowohl die der aktiv neugierigen als auch die der eher passiv „untersuchten“ Kinder. Denn sie sind geistig dazu noch nicht in der Lage, ihre Nacktheit vor anderen und Berührungen im Intimbereich als etwas wahrzunehmen, das den Kern ihrer Persönlichkeit betrifft. Ihr kindliches Unvermögen bedeutet jedoch nicht, dass solche Situationen und Handlungen ihre Intimitätsgrenzen nicht zutiefst verletzen und keine Spuren hinterlassen würden.
Doch die eigentliche Verletzung der kindlichen Würde liegt im Akt des Bereitstellens von solchen Erkundungs- und Kuschelräumen. Es sind die Erwachsenen, die durch das zur Verfügung Stellen der Räume und das Besprechen der Regeln der Neugierde und dem Nähebedürfnis kleiner Kinder eine sexuelle Konnotation verleihen. Es ist also weniger der kindlich neugierige Blick unters Röckchen oder ein spontaner Griff in die Hose, der die Persönlichkeitsrechte aller beteiligten Kleinkinder verletzt, – viele Erzieherinnen mussten solche Situationen schon handhaben. Sondern vielmehr ist es die direkte oder indirekte Aufforderung, in den Kuschelraum zu gehen und sich dort lustvoll zu erregen, die Kinder in die Sexualität der Erwachsenen hineinzieht. Genau das ist Sexualisierung von Kindern.
Egal, ob es sich um Kleinkinder, junge Schulkinder oder um Jugendliche handelt, die sogenannte sexualfreundliche und emanzipatorische Pädagogik, die im Sinne Kentlers die körperliche Sinneserfahrung zur Prämisse erhebt, ist ein Angriff auf die Würde des Menschen. Maywalds Pädagogik ist da keine Ausnahme.
Hinweis: Das Titelbild dieses Beitrags wurde mithilfe künstlicher Intelligenz generiert und stellt keine reale Szene dar.